
Kann ein Pflegegrad rückwirkend beantragt werden

Wer pflegebedürftig ist hat die Möglichkeit, einen Pflegegrad zu beantragen und erhält dann auch entsprechend Pflegegeld und andere Zuschüsse. Doch manche Personen vergessen einfach, rechtzeitig einen Pflegegrad zu beantragen. Ist es dann möglich, dass man den Pflegegrad rückwirkend beantragen kann?
Einzuschätzen, ob eine Person pflegebedürftig (ein Pflegefall) ist oder nicht, ist auf die Schnelle gar nicht so einfach. Viele glauben, wenn Sie nicht den ganzen Tag im Bett liegen müssen, haben sie keinen Anspruch auf eine Einstufung in einen Pflegegrad. Doch diese Meinung ist falsch. Auch die Ansicht, nur Menschen im Pflegeheim hätten Anspruch auf einen Pflegegrad ist nicht richtig. Eine erste Einschätzung, ob Sie evtl. pflegebedürftig sind, können Sie über meinen kostenlosen Pflegegradrechner erhalten. Dieser Rechner dient allerdings nur als Anhaltspunkt. Letztendlich entscheidet der MDK (Medizinische Dienst der Krankenkasse) ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt oder nicht.
Viele Menschen scheuen sich aber auch, einen Antrag auf Pflegeleistungen zu stellen. Sie fühlen sich dann alt oder zu nichts mehr zu gebrauchen. Mit dieser Einstellung entgehen den Pflegebedürftigen jedoch wichtige Leistungen und finanzielle Unterstützungen. Einen Überblick über die Leistungen der Pflegeversicherung erhalten Sie in meinem Beitrag Pflegestärkungsgesetz – Alle Pflegeleistungen auf einen Blick als Tabelle.
Pflegegrad rückwirkend beantragen
Nachdem dann klar ist, dass eine Pflegestufe / ein Pflegegrad beantragt werden sollte, fragen sich viele: Kann man den Pflegegrad nachträglich beantragen? Diese Frage muss mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden. Warum ist es nicht möglich, dass man einen Pflegegrad rückwirkend beantragen kann? Die Frage möchte ich an einem Beispiel beantworten:
Stellen Sie sich vor, Sie sind schon seit längerem körperlich eingeschränkt, können sich nicht mehr selbst versorgen. Könnten Sie selbst den genauen Zeitpunkt festlegen, ab wann Sie pflegebedürftig sind? Wohl eher nicht. So geht es auch dem Gutachter des MDKs. Er kann nur das bewerten, was er zum augenblicklichen Zeitpunkt sieht. Deshalb ist es nicht möglich, dass Sie einen Pflegegrad nachträglich beantragen können.
Das bedeutet:
Nur wenn Sie einen Pflegegrad beantragt haben und dieser genehmigt wurde, erhalten Sie ab dem Monat der Antragstellung Leistungen aus der Pflegeversicherung.
Gleichzeitig heißt das auch, daß es nicht möglich ist, nachträglich Pflegegeld zu beantragen (das Pflegegeld wird erst ab Genehmigung des Pflegegrades bezahlt).
Ein Beispiel für die Beantragung eines Pflegegrades
- Angenommen, Sie haben am 25. Januar den Antrag auf Pflegeleistungen abgegeben.
- Im Februar kommt ein Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Pflegekasse (MDK) zur Begutachtung.
- Anfang März erhalten Sie den Bescheid, dass Ihr Antrag auf Pflegeleistungen bewilligt wurde.
Mein Tipp:
- Beantragen Sie rechtzeitig einen Pflegegrad. Nicht erst wenn Sie vollkommen auf die Hilfe anderer angewiesen sind, sind Sie pflegebedürftig.
- Ein Pflegedienst oder ein Pflegestützpunkt kann eine erste unverbindliche Einschätzung über die Chancen der Genehmigung eines Pflegegrades abgeben.
- Bei einem Krankenhaus- oder Rehaaufenthalt kann der Sozialdienst ebenso eine unverbindliche Einschätzung über die Pflegebedürftigkeit abgeben. Der Sozialdienst kann dann auch sofort einen entsprechenden Antrag stellen. Das ist meist besser, als wenn der Antrag ohne fachmännische Hilfe gestellt wird.
- Oftmals wird ein Pflegegrad beim ersten Antrag abgelehnt. Legen Sie – wenn Ihr Anspruch berechtigt ist – unbedingt Widerspruch ein. Hier finden Sie ein entsprechendes Musterschreiben zum Widerspruch der Ablehnung des Pflegegrades.
- Falls ein Pflegegrad / eine Pflegestufe abgelehnt wurde und eine Verschlechterung des Zustandes eingetreten ist, sollte sofort wieder ein Antrag auf Pflegeleistungen gestellt werden.
Fazit
Es ist nicht möglich, einen Pflegegrad rückwirkend zu beantragen. Leistungen erhalten Sie erst ab dem Tag der Antragstellung.
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