
Erna und Ludwig Mitschler aus Regensburg sind mit ihren knapp 90 Jahren beide pflegebedürftig. Trotzdem leben sie noch gemeinsam entspannt in ihrer Wohnung.
Ermöglicht haben dies ihre Töchter, die den Eltern einen wohlverdienten Lebensabend in den eigenen vier Wänden ermöglichen wollten.
Das Pflegeheim galt als ausgeschlossen und mit der eigenen Pflege der Eltern waren beide Töchter hoffnungslos überfordert.
Zwar war es am Anfang möglich, diesen immensen Kraftakt selbst zu stemmen, doch gingen die Ehemänner als auch die Kinder der beiden Schwestern schnell auf die Barrikaden. Als dann eine der Schwestern selbst noch krank wurde, hieß es Abschied nehmen vom Gedanken der eigenen häuslichen Pflege der Eltern. Die Schwestern mussten sich nach anderen Möglichkeiten umsehen.
Entsendemodell
Anhand der Geschichte der Familie Mitschler kann der Tagesablauf einer 24h-Betreuung und die administrative Abwicklung über ein Entsendemodell gut veranschaulicht werden. Die Aufgaben, die in der 24h Pflege an eine Pflegekraft aus Osteuropa übertragen werden, können Sie in meinem Beitrag „Aufgaben einer osteuropäischen Pflegehilfe“ nachlesen.
Gefunden wurde für die Familie Mitschler die polnische Pflegekraft Maria. Nach Abzug des Pflegegeldes und der steuerlichen Vorteile kostete die 24-Stunden Pflegekraft aus Polen nur noch um die 1.300 Euro im Monat. Den Betrag teilen sich beide Schwestern und die Eltern und so wurde Maria zu einer Pflegerin, auf die man nicht mehr verzichten möchte.
Der Tag bei der Familie Mitschler beginnt wie jeder Tag. Erna und Ludwig stehen auf, waschen sich und ziehen sich an. In der häuslichen Pflege und Betreuung ist vor allem die Erfahrung der Pflegekraft gefragt.
Die Pflegenden sollen zwar unterstützt werden, keinesfalls darf ihnen jedoch Arbeit abgenommen werden, die sie noch selbst erledigen können. Es gilt die Selbständigkeit so gut wie möglich zu erhalten und bei einer möglichen Altersdemenz sogenannte Erinnerungsanker zu setzen, damit der Pflegebedürftige sich weiterhin selbst so gut wie möglich versorgen kann.
Mein Lese-Tipp: Pflegehilfsmittel im Wert von 40 Euro.
Maria hat eigenständig einen Einsatzplan für die Woche erstellt. Zusätzlich kommt noch regelmäßig ein ambulanter Pflegedienst vorbei und unterstützt Maria bei der Grundpflege, aber vor allem auch bei der häuslichen Krankenpflege von Herrn und Frau Mitschler. Zusammen wird anschließend das Frühstück zubereitet.
Nützliche Alltagshilfen:
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Ludwig leidet unter einer Parkinson-Demenz und muss durch seine eingeschränkte Alltagskompetenz deutlich aufwändiger unterstützt werden. Zwischen den Mahlzeiten werden immer wieder Getränke gereicht. Denn vor allem in der Altenpflege ist es sehr wichtig darauf zu achten, dass die zu pflegenden Personen genügend trinken.
Maria selbst wohnt in der Wohnung der Familie Mitschler in einem eigenen Zimmer mit Fernseher und Internet. Kost und Logis sind für sie frei. WLAN ist sehr wichtig, damit Maria sich ständig per Skype mit Ihrer Familie in Polen unterhalten kann. Dies spart Kosten und hat den Vorteil, dass Maria eigentlich ständig vor Ort ist. Ebenfalls hält sich dadurch fast immer jemand in der Wohnung auf und kann im Notfall helfen.
Das Wort 24 Stunden Alterspflege bekommt dadurch einen ganz neuen Ansatz. Von der Vermittlung der polnischen Pflegekraft profitieren beide. Maria erhält ein viel höheres Gehalt als in Polen und die Familie Mitschler kann vom krassen Lohngefälle profitieren und sich Kosten sparen. Dadurch ist die Alterspflege oder Altersbetreuung zu Hause ein finanzierbares Thema geworden. Denn für Erna und Ludwig Mitschler stand von Anfang an fest, dass man sich ein Pflegeheim für zwei Personen oder einen deutschen Pflegeservice nicht leisten kann.
Mein Lese-Tipp: Was kostet ein Pflegeheimplatz.
Erfolgsgarantie für polnische Pflegekräfte
Eine Erfolgsgarantie für das Zusammenleben und die perfekte Pflege gibt es nicht. Wobei die Pflegekräfte immer wieder ausgetauscht werden, sodass auch Maria eine Zeit lang bei Ihrer Familie in Polen leben kann.
Im Laufe der letzten Jahre hatte die Familie Mitschler für die Pflege daheim schon zahlreiche polnische Pflegekräfte und es gab auch schon einen Reinfall. Die Chemie stimmte trotz fachlicher Arbeit nicht und hier war es besser, schneller durch die Agentur für die Vermittlung von polnischen Pflegekräften einen Austausch vorzunehmen. Dies kommt vor, ist menschlich und unvermeidlich.
Geschätzt wird an der polnischen Pflegekraft Maria vor allem die liebevolle Art und ihre Lebensfreude, mit der sie das Ehepaar oft zum Lachen bringt. Da Maria die deutsche Sprache sehr gut spricht, kann Sie auch Anweisungen des Arztes und Pflegedienstes perfekt umsetzen.
Zudem verfügt die Pflegekraft über einen Führerschein und kann mit dem Auto der Familie Mitschler nicht nur einkaufen fahren, sondern die beiden auch auf Ausflüge mitnehmen.
Die Arbeitszeit von Maria ist genau abgesprochen, lässt sich aber im Problemfall flexibel anpassen. Als sich Erna beim Füttern der Katze den Oberschenkelhalsknochen gebrochen hatte, war eine ganz andere und intensivere Pflege als zuvor angesagt.
Vor allem Polinnen und Frauen aus anderen osteuropäischen Ländern zählen derzeit zur Stütze der Altenpflege in Deutschland. Denn noch immer leben rund 70 % der Pflegebedürftigen, schon alleine aus Kostengründen, zuhause. Zwar gibt es keine zuverlässigen Zahlen, aber um die 200.000 polnische Betreuungskräfte, ob zur Altenpflege, Pflege von Demenzkranken, Seniorenbetreuung oder Pflege von Alzheimer Patienten kümmern sich um die Pflegebedürftigen.
Die Vermittlung der polnischen Pflegekräfte ist legal und für die polnische Pflegekraft gut bezahlt. Die Familie Mitschler nutzt hier das vorgeschlagene Entsendemodell. Dies bedeutet, dass Maria einen polnischen Arbeitgeber hat und mithilfe von der Vermittlungs-Agentur vermittelt wurde. Maria zahlt in Deutschland Steuern und ist hier auch sozialversichert.
So funktioniert das Entsendemodell
Familie Mitschler bezahlt direkt an die Vermittlungsagentur eine Gebühr für die Vermittlung und die administrativen Arbeiten, sowie das Gehalt für den polnischen Arbeitgeber von Maria. Nachdem der Vertrag mit der Vermittlungsagentur abgeschlossen war, brauchte Familie Mitschler nur noch zu warten, bis die 24-Stunden-Pflegekraft bei ihnen ankam. Alles andere erledigte die Vermittlungsagentur.
Das Gehalt für eine polnische Pflegekraft richtet sich vor allem auch nach den Fähigkeiten und der Ausbildung der Polin, sowie den Sprachkenntnissen. Allgemein wird auch von einer 24 Stunden Pflege oder einem 24 Stunden Pflegemodell gesprochen. Eine 24stündige Arbeitszeit sieht das deutsche Arbeitsrecht jedoch nicht vor.
Theoretisch wäre es auch möglich, dass die Familie Mitschler selbst eine polnische Pflegekraft nach dem Arbeitgebermodell sucht. Die Verbraucherzentrale empfiehlt auch dieses Modell. In der Praxis ist für ältere kranke Menschen das Arbeitsgebermodell für eine polnische Pflegekraft nur schwierig umsetzbar. Aus diesem Grund setzen auch fast alle Angehörigen von Demenzerkrankten oder Alzheimerpatienten, Haushaltshilfen über das Entsendemodell ein.
Wie kann ich eine polnische Pflegekraft selbst einstellen?
- Zuerst sollten Sie sich eine polnische Pflegekraft suchen oder die Hilfe der Arbeitsagentur in Anspruch nehmen. Durch Erstellung eines Suchantrages können sich nun polnische Mitarbeiter bei Ihnen melden. Aus diesen Bewerbungen können Sie eine Person auswählen und telefonisch mit Ihr ein Vorstellungsgespräch führen. Denn die über oftmals über 1.000 km entfernte Strecke lässt keine persönlichen Vorstellungsgespräche vor Ort zu.
- Haben Sie eine polnische Pflegekraft gefunden, erstellen Sie einen Arbeitsvertrag und klären alle rechtlichen Punkte wie Urlaub, Arbeitszeit oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Für die fehlende Zeit müssen Sie sich eine Strategie überlegen. Denn auch die polnische selbst angestellte Pflegekraft möchte Urlaub und kann krank werden.
- Die polnische Pflegekraft wird angestellt und bei der Sozialversicherung angemeldet. Von der Arbeitsagentur benötigen Sie eine Betriebsnummer
- Da Sie als Arbeitgeber auch Lohnsteuer abführen müssen, benötigen Sie eine Lohnsteuer Identifikationsnummer. Zumeist wird einmal jährlich eine Prüfung durchgeführt, vielfach vor Ort. Hierzu benötigen Sie ggf. Unterstützung.
- Anmeldung bei der Krankenkasse und sicherstellen, dass die Pflegekraft auch einen Lohnzettel am Monatsende erhält. Dies erledigt Ihr Steuerberater.
- Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft.
- Verschiedene rechtliche Punkte bei Anstellung einer polnischen Pflegekraft sollten bedacht werden. Was passiert, wenn sich die Pflegekraft verletzt oder die Pflegekraft hohen Schaden anrichtet. Eine Haftpflichtversicherung ergibt Sinn.
- Die angefallenen Stunden sind täglich aufzuschreiben und am Monatsende entsprechend auszuzahlen. Da die Meldungen in elektronischer Form zu erfolgen haben, benötigten Sie zumeist einen Steuerberater und es entsteht ein hoher administrativer Aufwand.
Fazit: Eigene Anstellung einer polnischen Pflegekraft
- Das von der Verbraucherzentrale favorisierte Arbeitgebermodell erfordert sehr viel Eigeninitiative und Mehrbelastung
- Es kann mehrere Wochen dauern, bis ein endgültiger Arbeitsvertrag zustande kommt
- Bei Urlaub und Krankheit muss selbst für einen adäquaten Ersatz gesorgt werden
Extra-Tipp
Pflegebedürftige, die noch keinen Pflegegrad haben, sollten diesen mit fachlicher Hilfe wie z.B. dem Sozialdienst eines Pflegedienstes oder Krankenhauses beantragen.
Mit Pflegegrad können Sie auch „Angebote zur Unterstützung im Alltag“ beantragen.
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Gemeinsam mit seiner Frau betreut Otto Beier seit 2012 seine pflegebedürftigen Eltern und Schwiegereltern. Er gibt Insider-Tipps für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen und schreibt als Pflegender – direkt von der Front – über seine Erfahrungen mit dem Pflegedschungel.
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