Rudolf Hauke
Vorstand der KKH Hannover, beschreibt in seinem Fachbeitrag die Pflegebegutachtung durch den MDK und gibt Handlungstipps bei Problemen.
Aktualisiert am 05.03.2025
711 mal angesehen

Das Wichtigste in Kürze

  • Wenn die Pflegebegutachtung nicht zufriedenstellend verlaufen ist, können Sie Widerspruch einlegen.

  • Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids schriftlich bei der Pflegekasse eingereicht werden.

  • Eine erneute Begutachtung kann Klarheit schaffen und Ihren Anspruch auf den richtigen Pflegegrad sicherstellen.

  • Experten wie Pflegeberater oder Anwälte für Sozialrecht können Sie im Widerspruchsverfahren kompetent unterstützen.

So gehen Sie vor

  • Bescheid gründlich prüfen
    Lesen Sie den Bescheid der Pflegekasse genau durch. Notieren Sie sich, welche Aspekte der Begutachtung nicht korrekt oder vollständig sind.

  • Widerspruch fristgerecht einlegen
    Reichen Sie den Widerspruch innerhalb von einem Monat nach Erhalt des Bescheids schriftlich bei der Pflegekasse ein. Begründen Sie, warum Sie den Pflegegrad für unzureichend halten.

  • Unterlagen und Nachweise ergänzen
    Sammeln Sie relevante medizinische Dokumente, ärztliche Atteste und andere Nachweise, die Ihre Pflegebedürftigkeit belegen. Fügen Sie diese Ihrem Widerspruch bei.

  • Unterstützung einholen
    Ziehen Sie Pflegeberater oder Experten für Sozialrecht hinzu. Diese können den Begutachtungsbericht analysieren und Ihnen bei der Argumentation helfen.

  • Erneute Begutachtung beantragen
    Bitten Sie um eine erneute Begutachtung durch den Medizinischen Dienst oder einen unabhängigen Gutachter, falls der Widerspruch nicht direkt Erfolg hat.

Was ist der Medizinische Dienst

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen erstellt in Deutschland jährlich mehr als zwei Millionen Pflegegutachten. Allein aufgrund dieser hohen Anzahl liegt es auf der Hand, dass da nicht alles eitel Sonnenschein sein kann. Und manchmal geht sogar etwas gehörig schief.

Aber was dann? Bin ich als pflegebedürftige Person oder meine pflegenden Angehörigen hilflos – oder kann ich etwas tun? Und wer kann mir dabei helfen?

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) erstellt die Pflegegutachten. Doch zuerst einmal möchten wir klären: Was ist der MDK überhaupt?

Der Medizinische Dienst soll dafür sorgen, dass den Mitgliedern der Krankenkassen die ihnen zustehenden Versicherungsleistungen erhalten.

Im Bereich der häuslichen Pflege bedeutet das, dass der Medizinische Dienst z.B. die Pflegebegutachtungen der Antragsteller durchführt oder auch darüber entscheidet, ob ein bestimmtes Hilfsmittel notwendig ist. Auf Basis des Pflegegutachtens und der Empfehlung für einen Pflegegrad entscheidet die Pflegekasse dann, ob der Antrag auf Pflegeleistungen genehmigt wird.

Neben der Pflegebegutachtung hat der Medizinische Dienst auch noch einige weitere Aufgaben, wie z.B. die Beurteilung der Pflegequalität in Pflegeheimen, Unterstützung der Patienten bei Behandlungsfehlern durch Ärzte usw.

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Regeln und Vorschriften für die Pflegebegutachtung

In der Pflege werden menschliche Schicksale in Richtlinien gegossen. Dies mag zum einen Nachteile haben, da Regeln und Gesetze nun mal für alle gleich gelten und nicht individuell ausgelegt werden können. Auf der anderen Seite bieten sie jedoch die Sicherheit, dass berechtigte Ansprüche geltend gemacht werden können.

Leistungen aus der Pflegeversicherung gibt es nur auf Antrag. Ist z. B. ein Antrag auf häusliche Pflege bei der Krankenkasse (die gleichzeitig die Pflegekasse ist) gestellt, wird in der Regel innerhalb von fünf Wochen ein Gutachten erstellt. Bei Fristüberschreitungen bekommt die Antragstellerin/der Antragsteller eine Entschädigung in Höhe von 70 € von der Pflegekasse.

Für die Erstellung eines Gutachtens kommt in der Regel eine Gutachterin/ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MDK) zu den zu Pflegenden nach Hause.

Und auch für die Pflegebegutachtung gibt es Regeln und Vorschriften. In den sogenannten Begutachtungsrichtlinien ist die Verantwortung des MDK für eine qualifizierte Begutachtung, aber auch das ganze Verfahren von der Vorbereitung der Begutachtung, bis hin zu den einzelnen Formularen und zum Gutachtenabschluss geregelt.

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Auslegung der Begutachtung

Das war die rechtliche Komponente. Über die Regeln und Richtlinien hinaus sind aber Menschen mit all ihren Facetten beteiligt. Und da kann es geschehen,

  • dass beispielsweise ein älterer, gebrechlicher Mann genau zum Zeitpunkt der Begutachtung einen guten Tag hat, fit ist und dies der Gutachterin auch glaubhaft darstellt.
  • Oder er schämt sich und verschweigt der Gutachterin (bei einem Gutachter wäre er vielleicht offener gewesen), dass er unter Inkontinenz leidet und Einlagen trägt.
  • Es kann aber auch vorkommen, dass die Gutachterin/der Gutachter aufgrund persönlicher Probleme einen schlechten Tag hat oder auch überfordert ist.

Es gibt also viele Komponenten, die Regelungen nicht erfassen, die aber in eine Begutachtung einfließen können. Wichtig ist, dass sowohl der pflegebedürftige Mensch als auch seine Angehörigen gut auf die MDK-Begutachtung vorbereitet sind. Hier finden Sie einige Tipps zur MDK-Begutachtung.

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Widerspruch gegen das Gutachten einlegen

Manchmal wird deshalb die beantragte Einstufung in einen Pflegegrad abgelehnt. Nur was dann? Dann sind der beispielhaft angeführte ältere Mann oder seine Angehörigen oft verzweifelt und hadern mit ihrem Schicksal, einer vermeintlichen Ungerechtigkeit. Aber das muss nicht sein!

Sowohl die zu Pflegebedürftigen als auch die Angehörigen können innerhalb von vier Wochen Widerspruch gegen die Pflegegradeinstufung einlegen. Am besten gleich, aber auch im Nachgang ist es wichtig, den Widerspruch zu begründen, d.h. zu schildern, was aus Betroffenensicht nicht stimmig ist. Im beispielhaften Fall könnte das dann so aussehen:

„Mein Vater hat Inkontinenz und trägt Einlagen und hat dies bei der Begutachtung aus Scham nicht angegeben.“ Am besten ist es, wenn vorhandene Unterlagen und Bescheinigungen (z.B. einer Ärztin/eines Arztes), die beim Begutachtungstermin nicht vorgelegt wurden und deshalb nicht bekannt waren, ebenfalls noch beigefügt werden.

Anschließend wird sich eine zweite Gutachterin/ein zweiter Gutachter kurzfristig bei den zu Pflegenden für einen Besuch anmelden, den Sachverhalt aufbereiten und ein weiteres Gutachten erstellen. In Corona-Zeiten wird übrigens versucht, möglichst viel telefonisch zu klären.

Mit großer Sicherheit ist davon auszugehen, dass im Nachgang an die zweite Begutachtung alle Unklarheiten beseitigt sind und ein „gerechtes“ Gutachten vorliegt, aufgrund dessen die Pflegekasse den gestellten Antrag beurteilen und die Leistungen gewähren kann.

Niemand braucht Bedenken zu haben, einen derartigen Widerspruch einzulegen! Es handelt sich um ein ganz normales und überall anerkanntes Verfahren, das auch vom MDK begrüßt wird – weil dadurch letztlich die Qualität der einzelnen Begutachtungen noch weiter verbessert werden kann. 

Häufige Fragen zum medizinischen Dienst

Was ist der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK / MD)?
Was, wenn das Gutachten meiner Pflegebegutachtung nicht meinen Erwartungen entspricht?
Was sind häufige Gründe für eine fehlerhafte Pflegebegutachtung?
Wie bereite ich mich am besten auf die Pflegebegutachtung vor?
Muss ich die Begutachtung vor Ort dulden?
Welche Rolle spielt der Zustand am Tag der Begutachtung?
Kann ich die Begutachtung aufnehmen?
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