Was tun, wenn eine Pflegebegutachtung nicht gut gelaufen ist?

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen ist für das Erstellen eines Pflegegutachten zuständig
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen erstellt das Pflegegutachten

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen erstellt in Deutschland jährlich mehr als zwei Millionen Pflegegutachten. Allein aufgrund dieser hohen Anzahl liegt es auf der Hand, dass da nicht alles eitel Sonnenschein sein kann. Und manchmal geht sogar etwas gehörig schief.

Aber was dann? Bin ich als pflegebedürftige Person oder meine pflegenden Angehörigen hilflos – oder kann ich etwas tun? Und wer kann mir dabei helfen?

Gastbeitrag von Rudolf Hauke

ehemaliger Vorstand der Kaufmännischen Krankenkasse in

Hannover

Was ist der Medizinische Dienst

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) erstellt die Pflegegutachten. Doch zuerst einmal möchten wir klären: Was ist der MDK überhaupt?

Der Medizinische Dienst soll dafür sorgen, dass den Mitgliedern der Krankenkassen die ihnen zustehenden Versicherungsleistungen erhalten.

Im Bereich der häuslichen Pflege bedeutet das, dass der Medizinische Dienst z.B. die Pflegebegutachtungen der Antragsteller durchführt oder auch darüber entscheidet, ob ein bestimmtes Hilfsmittel notwendig ist. Auf Basis des Pflegegutachtens und der Empfehlung für einen Pflegegrad entscheidet die Pflegekasse dann, ob der Antrag auf Pflegeleistungen genehmigt wird.

Neben der Pflegebegutachtung hat der Medizinische Dienst auch noch einige weitere Aufgaben, wie z.B. die Beurteilung der Pflegequalität in Pflegeheimen, Unterstützung der Patienten bei Behandlungsfehlern durch Ärzte usw.

Regeln und Vorschriften für die Pflegebegutachtung

In der Pflege werden menschliche Schicksale in Richtlinien gegossen. Dies mag zum einen Nachteile haben, da Regeln und Gesetze nun mal für alle gleich gelten und nicht individuell ausgelegt werden können. Auf der anderen Seite bieten sie jedoch die Sicherheit, dass berechtigte Ansprüche geltend gemacht werden können.

Leistungen aus der Pflegeversicherung gibt es nur auf Antrag. Ist z. B. ein Antrag auf häusliche Pflege bei der Krankenkasse (die gleichzeitig die Pflegekasse ist) gestellt, wird in der Regel innerhalb von fünf Wochen ein Gutachten erstellt. Bei Fristüberschreitungen bekommt die Antragstellerin/der Antragsteller eine Entschädigung in Höhe von 70 € von der Pflegekasse.

Für die Erstellung eines Gutachtens kommt in der Regel eine Gutachterin/ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (MDK) zu den zu Pflegenden nach Hause.

Und auch für die Pflegebegutachtung gibt es Regeln und Vorschriften. In den sogenannten Begutachtungsrichtlinien ist die Verantwortung des MDK für eine qualifizierte Begutachtung, aber auch das ganze Verfahren von der Vorbereitung der Begutachtung, bis hin zu den einzelnen Formularen und zum Gutachtenabschluss geregelt.

Auslegung der Begutachtung

Das war die rechtliche Komponente. Über die Regeln und Richtlinien hinaus sind aber Menschen mit all ihren Facetten beteiligt. Und da kann es geschehen,


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  • dass beispielsweise ein älterer, gebrechlicher Mann genau zum Zeitpunkt der Begutachtung einen guten Tag hat, fit ist und dies der Gutachterin auch glaubhaft darstellt.
  • Oder er schämt sich und verschweigt der Gutachterin (bei einem Gutachter wäre er vielleicht offener gewesen), dass er unter Inkontinenz leidet und Einlagen trägt.
  • Es kann aber auch vorkommen, dass die Gutachterin/der Gutachter aufgrund persönlicher Probleme einen schlechten Tag hat oder auch überfordert ist.

Es gibt also viele Komponenten, die Regelungen nicht erfassen, die aber in eine Begutachtung einfließen können. Wichtig ist, dass sowohl der pflegebedürftige Mensch als auch seine Angehörigen gut auf die MDK-Begutachtung vorbereitet sind. Hier finden Sie einige Tipps zur MDK-Begutachtung.

Widerspruch gegen das Gutachten einlegen

Manchmal wird deshalb die beantragte Einstufung in einen Pflegegrad abgelehnt. Nur was dann? Dann sind der beispielhaft angeführte ältere Mann oder seine Angehörigen oft verzweifelt und hadern mit ihrem Schicksal, einer vermeintlichen Ungerechtigkeit. Aber das muss nicht sein!

Sowohl die zu Pflegebedürftigen als auch die Angehörigen können innerhalb von vier Wochen Widerspruch gegen die Pflegegradeinstufung einlegen. Am besten gleich, aber auch im Nachgang ist es wichtig, den Widerspruch zu begründen, d.h. zu schildern, was aus Betroffenensicht nicht stimmig ist. Im beispielhaften Fall könnte das dann so aussehen:

„Mein Vater hat Inkontinenz und trägt Einlagen und hat dies bei der Begutachtung aus Scham nicht angegeben.“ Am besten ist es, wenn vorhandene Unterlagen und Bescheinigungen (z.B. einer Ärztin/eines Arztes), die beim Begutachtungstermin nicht vorgelegt wurden und deshalb nicht bekannt waren, ebenfalls noch beigefügt werden.


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Anschließend wird sich eine zweite Gutachterin/ein zweiter Gutachter kurzfristig bei den zu Pflegenden für einen Besuch anmelden, den Sachverhalt aufbereiten und ein weiteres Gutachten erstellen. In Corona-Zeiten wird übrigens versucht, möglichst viel telefonisch zu klären.

Mit großer Sicherheit ist davon auszugehen, dass im Nachgang an die zweite Begutachtung alle Unklarheiten beseitigt sind und ein „gerechtes“ Gutachten vorliegt, aufgrund dessen die Pflegekasse den gestellten Antrag beurteilen und die Leistungen gewähren kann.

Fazit zur Begutachtung durch den MDK

Niemand braucht Bedenken zu haben, einen derartigen Widerspruch einzulegen! Es handelt sich um ein ganz normales und überall anerkanntes Verfahren, das auch vom MDK begrüßt wird – weil dadurch letztlich die Qualität der einzelnen Begutachtungen noch weiter verbessert werden kann. 


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Quelle Bildmaterial:#Canva-Member © for free von JackF

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Fachautor

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