
Demenz und Alzheimer – Großer Ratgeber für Angehörige
Das Wichtigste in Kürze
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Demenz und Alzheimer sind progressive Erkrankungen, die das Gedächtnis, das Denken und die Alltagsbewältigung beeinträchtigen. Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz.
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Frühe Erkennung hilft, die Lebensqualität zu verbessern und eine adäquate Pflegeplanung zu ermöglichen.
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Angehörige spielen eine zentrale Rolle, sowohl bei der emotionalen Unterstützung als auch bei der praktischen Pflege. Sie sollten sich über die Krankheit und die notwendigen Pflegehilfsmittel informieren.
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Individuelle Betreuung und Geduld sind wichtig, um den Erkrankten ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Professionelle Hilfe kann die Belastung der Angehörigen verringern.
So gehen Sie vor
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Frühe Anzeichen erkennen
Beobachten Sie Veränderungen im Gedächtnis, der Orientierung oder im Verhalten der betroffenen Person. Häufige Anzeichen sind Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit und wiederholtes Fragen. -
Arztbesuch und Diagnose
Suchen Sie einen Arzt auf, wenn Symptome wie Gedächtnisverlust oder Verwirrtheit auftreten. Der Arzt kann Tests durchführen und gegebenenfalls eine Diagnose stellen, um die richtige Behandlung einzuleiten. -
Pflegeplanung und Unterstützung
Erstellen Sie eine individuelle Pflegeplanung, die den Bedürfnissen der betroffenen Person gerecht wird. Dazu gehört die Organisation von Hilfsmitteln, die Bereitstellung von Medikamenten und ggf. die Unterstützung durch professionelle Pflegekräfte oder Therapeuten. -
Geduld und emotionale Unterstützung
Zeigen Sie Geduld und Verständnis. Achten Sie darauf, den betroffenen Menschen in seinen täglichen Aktivitäten zu unterstützen, ohne ihn zu überfordern. Die Förderung von sozialen Kontakten und Routine hilft, Ängste zu reduzieren. -
Selbstfürsorge für Angehörige
Vergessen Sie nicht, sich selbst zu pflegen. Holen Sie sich regelmäßig Unterstützung von anderen Familienmitgliedern, Freunden oder einer Selbsthilfegruppe, um Ihre eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen.
Inhalt dieser Seite
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Das Wichtigste in Kürze
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So gehen Sie vor
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Was ist eine Demenz und welche Formen gibt es?
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Wie erkenne ich eine demenzielle Veränderung bei meinem Angehörigen?
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Wie diagnostizieren Mediziner Demenz oder Alzheimer?
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Wie verändert sich der Alltag bei einem Menschen mit Demenz?
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Wenn Menschen mit Demenz weglaufen
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Deshalb verlegen Menschen mit Demenz Sachen
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Tipps für den Umgang mit Demenzkranken
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Die Ernährung bei einer Demenzerkrankung
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Demenz: Darauf können Sie bei der Pflegeplanung achten
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So sieht eine sichere Wohnung für Demenzpatienten aus
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Vergessen Sie sich selbst bei der Demenzpflege nicht!
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Häufige Fragen zu Demenz und Alzheimer
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Neueste Ratgeber
Was ist eine Demenz und welche Formen gibt es?
Laut Schätzungen leben hierzulande etwa 1,8 Millionen Personen mit einer Demenz – exakte Zahlen gibt es nicht, denn nicht jeder Erkrankte geht mit den typischen Symptomen, wie einem eingeschränkten Denkvermögen, zum Arzt. Die unheilbare Erkrankung des Gehirns ist, je nach Ausprägung, eine große Herausforderung in der häuslichen Pflege. Pflegenden Angehörigen hilft es im Umgang mit einem dementen Familienmitglied dann, wenn sie sich gut über die Erkrankung aufgeklärt fühlen – genau deshalb gebe ich Ihnen heute einen Überblick über das Krankheitsbild und über das, was Sie im Alltag berücksichtigen können.
Bei Menschen mit einer Demenz liegt ein Krankheitszustand vor, der zu einer Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten führt – Betroffene haben Probleme mit dem Gedächtnis, der Orientierung, der Sprache, dem Denken und dem Urteilsvermögen. Das mit der Demenz verknüpfte Beschwerdemuster kann viele Ursachen haben. Eine davon ist die Alzheimererkrankung, die bis zu zwei Drittel aller Demenzerkrankungen erklärt – somit sind Alzheimer und Demenz nicht dasselbe, Demenz ist vielmehr ein Oberbegriff für Erkrankungen, die den Verlust höherer Gehirnfunktionen auslösen.
Mediziner unterscheiden folgende Demenzformen:
- Die Alzheimerkrankheit löst etwa 60 % aller Demenzen aus – dabei sterben die Nervenzellen im Gehirn mit zunehmenden Verlauf ab.
- Die vaskuläre Demenz nimmt einen Anteil von 10-15 % bei den Demenzerkrankungen ein – dabei kommt es, meist durch eine Arteriosklerose, zu Gefäßschädigungen, die wiederum Durchblutungsstörungen im Gehirn verursachen.
- Mischformen entfallen etwa auf 20 % der Demenzfälle – hier liegt sowohl eine Alzheimer- als auch eine vaskuläre Demenz vor.
- Die sogenannte Demenz mit Lewy-Körperchen ist bei 10-15 % aller Demenzen der Verursacher – dabei gibt es neben den typischen Eiweißablagerungen noch solche, die durch Lewy-Körperchen in den gehirneigenen Nervenzellen entstehen.
- Die Fronto-temporale Demenz erklärt etwa 5 % der Demenzfälle und tritt mit höherer Wahrscheinlichkeit bei jüngeren Patienten auf, etwa um das 50. Lebensjahr – hier kommt es zu einer Schrumpfung des Schläfenlappens.
Ärzte unterscheiden zudem eine primäre von einer sekundären Demenz. Ein Beispiel für eine primäre Demenz ist Alzheimer, bei der die geistigen Abbauprozesse selbst die Basis der Krankheit darstellen. Sekundäre Demenzen können durch andere Ereignisse wie einen Schlaganfall oder Hirntumor auftreten.
Wie erkenne ich eine demenzielle Veränderung bei meinem Angehörigen?
Welche Demenz-Symptome sich im Alltag bei Ihrem Familienmitglied zeigen, hängt von verschiedenen Faktoren ab – beispielsweise davon, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist und um welche Demenzform es sich handelt.
Meist äußert sich eine Demenz im Anfangsstadium zunächst durch:
- eine wachsende Vergesslichkeit und Schusseligkeit.
- außerdem tritt häufig eine zeitliche Orientierungsschwierigkeit auf.
Später kommen dann weitere Symptome hinzu, wie:
- Desorientierung
- Erkennungsstörungen
- Handfertigkeitsstörungen
- Sprachstörungen
Im letzten Stadium sind Patienten in der Regel auf Pflege angewiesen. Das liegt daran, dass sie unter anderem große Probleme mit dem Gedächtnis, der Sprache und Orientierung haben.
Übrigens:
Demenz ist nicht an ein bestimmtes Alter gebunden. Sie tritt zwar vorwiegend im hohen Alter auf, kann jedoch auch Menschen im mittleren Alter betreffen.
Wie diagnostizieren Mediziner Demenz oder Alzheimer?
Eine leichte Altersvergesslichkeit muss noch lange keine Demenz sein. Ob ein etwas seltsames Verhalten nun dem Alter geschuldet ist oder tatsächlich einer Demenz, kann nur ein Arzt feststellen, beispielsweise ein Hausarzt oder ein Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie. Außerdem gibt es spezielle Gedächtnisambulanzen, an die Sie sich mit Ihrem Angehörigen wenden können.
Hier erfolgen verschiedenen Tests und Untersuchungen, wie:
- Uhrentest
- neurologische Untersuchungen
- bildgebende Untersuchungen wie MRT oder CT
- körperliche Untersuchungen
Es gibt Krankheiten, wie eine Depression, die demenzähnliche Symptome auslösen. Um einer Verwechslung und falschen Behandlung vorzubeugen, ist es wichtig, dass Untersuchungen durchgeführt und andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Wie genau eine Demenz diagnostiziert wird, erfahren Sie in unserem Ratgeber: „Verdacht auf Demenz: Wie wird Demenz diagnostiziert?“
"Steht die Diagnose Demenz beziehungsweise die genaue Demenzform wie Alzheimer fest, entwickelt der behandelnde Mediziner einen Therapieplan. Hier können Medikamente wie Antidementiva, Antidepressiva und Antipsychotika eine Rolle spielen. Zu den nicht medikamentösen Therapiemöglichkeiten gehören beispielsweise das kognitive Training, die Physiotherapie, die Ergotherapie oder die Verhaltenstherapie – der Arzt wird Ihnen genau erklären, warum er welchen Behandlungsansatz für Ihr Familienmitglied wählt."
Dipl.-Ges.oec. (FH) Jennifer Ann Steinort
Wie verändert sich der Alltag bei einem Menschen mit Demenz?
Die Demenz verändert das Verhalten der Betroffenen sehr stark. Anfangs bekommen Demente noch mit, wie sich ihre Handlungsweise wandelt, in fortgeschrittenem Stadium jedoch meist nicht mehr. Für die Erkrankten macht es die Situation nicht einfacher, wenn sie hautnah erleben, wie sich der geistige Verfall immer mehr bemerkbar macht. Sie entwickeln geschickte Taktiken, um die Krankheit gegenüber ihren Mitmenschen zu verbergen. Irgendwann lässt sich das veränderte Verhalten aber nicht mehr verheimlichen. Betroffene, aber auch pflegende Angehörige müssen dann oft viele Herausforderungen meistern.
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7 große Herausforderungen bei Demenz
An dieser Stelle führe ich Ihnen verschiedene Herausforderungen auf, von denen viele pflegende Angehörige im Alltag berichten.
- Erschwerte Kommunikation: Mit zunehmender Demenz verändert sich auch die Kommunikation. Es wird Ihnen immer schwerer fallen, sich mit Ihrem Angehörigen in gewohnter Weise zu unterhalten. Das liegt daran, dass Betroffene sich im Laufe der Zeit immer schlechter verständlich machen – sie können ihre Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle nicht mehr mitteilen. Das kann zum einen zu Depressionen führen, zum anderen aber auch zu Aggressivität und Wut. Beschäftigen Sie sich deshalb am besten mit weiteren Möglichkeiten, um mit Ihrem Angehörigen in Kontakt zu treten. Lese-Tipp: Demenz verstehen: Mit der richtigen Kommunikation geht vieles leichter
- Aggressives, jähzorniges Verhalten: Aggressivität kann schon in einer frühen Phase auftreten. Nämlich dann, wenn der Patient selbst noch seine Veränderungen, also seine Vergesslichkeit, mitbekommt. Er muss sich dann ständig mit seiner Krankheit und seinen Defiziten auseinandersetzen. Quälende Fragen treiben die Betroffenen um: Was wird aus mir? Falle ich jetzt schon meiner Umwelt zur Last? Habe ich etwas Wichtiges vergessen? Diese Fragen hinterlassen eine große Unsicherheit und lösen bei vielen Personen eine Wut, Angst oder Aggression aus. Jetzt ist es wichtig, herauszufinden, warum Ihr Familienmitglied einen Jähzorn an den Tag legt. Wenn Sie die Gründe für das „aufsässige oder unmögliche Verhalten“ kennen, dann können Sie darauf reagieren. Versetzen Sie sich in die Situation Ihres Angehörigen. Lese-Tipp: Was tun, wenn Oma schreit, kratzt und schlägt
- Ständiges Wiederholen oder fragen: Das kennen die meisten Angehörigen. Vielleicht erzählt auch Ihr Familienmitglied immer wieder das Gleiche oder stellt ständig dieselben Fragen: Wann gibt es Essen? Wann bringst du mich nach Hause? Reagieren Sie nun nicht so, wie es sich der Betroffene vorstellt, kommt es zwangsläufig zu Auseinandersetzungen. Die Situation schaukelt sich hoch und eskaliert, aber auch das ist keine böse Absicht der Dementen. Sie können einfach nicht anders. Die schlechte Nachricht: Das ständige Wiederholen der Fragen wird nicht aufhören. Die gute Nachricht: Es gibt Tricks, wie Sie mit Ihrem Angehörigen in solch einer Situation umgehen und die kritische Lage deeskalieren können. Lese-Tipp: Demenz verstehen: Merkwürdiges Verhalten bei Menschen mit Demenz
- Lügen und andere beschuldigen: Unberechtigte Beschuldigungen, wie etwa: „Du hast meine Brieftasche geklaut“, „Du hast einfach meinen neuen Pullover mitgenommen“ oder „Der Doktor hat meine Handtasche gestohlen“, sind für pflegende Angehörige nur sehr schwer zu ertragen. Wenn diese Anschuldigungen zu Hause unter „Vier Augen“ passieren, mag das noch angehen; obwohl es auch sehr verletzend ist. In der Öffentlichkeit fühlen sich viele Angehörige aber geradezu beschämt, zumal viele oft gar nicht wissen, dass der Angehörige dement ist. Doch auch diese Beschuldigungen und Lügen haben ihren Grund. Lese-Tipp: Demenz verstehen: Wenn Oma glaubt, dass sie bestohlen wurde
- Nächtliche Unruhe: Es ist durchaus möglich, dass der an Demenz Erkrankte bei Nacht und Nebel loszieht, um für ihn wichtige Erledigungen zu machen. Für viele Angehörige ist dieser Zustand der nächtlichen Unruhe eine große Herausforderung. Sie liegen nachts wach oder schlafen nicht mehr richtig, weil sie ständig befürchten, der Angehörige sei wieder auf Wanderschaft. Schon alleine das Aussteigen aus dem Bett kann zur Gefahr werden. Schnell kann es zu einem Sturz kommen, wenn kein Licht an ist. Hat es Ihr Familienmitglied letztendlich geschafft, die Wohnung zu verlassen, was dann? Mein Tipp: Es gibt teilstationäre Einrichtungen, die neben einer Tagespflege auch eine Nachtpflege anbieten. Diese soll pflegenden Angehörigen die Möglichkeit geben, nachts wieder durchzuschlafen. Lese-Tipp: Sturzprophylaxe: Niederflurbetten als Alternative für Bettgitter und Fixierung
- Widerstand gegen die Pflege oder Körperhygiene: Bei der Demenz kann es vorkommen, dass sich die Betroffenen gegen jeden wehren, der ihnen zu nahe kommt. Plötzlich wird der Zahnarzt oder der Friseur zum Gegner und wird attackiert. Es kann aber auch passieren, dass die an Demenz Erkrankten die eigenen Kinder oder Enkel, die Geschwister, Freunde oder Bekannte körperlich bedrohen oder schlagen. Die Patienten fühlen sich bedroht. Irgendwann erkennen sie die eigene Tochter oder den Zahnarzt nicht mehr. Sie wissen nicht, warum diese fremde Person sie plötzlich ausziehen oder ihnen in den Mund sehen will. Sie haben Angst und wissen sich nicht zu helfen. In ihrer Hilflosigkeit werden sie aggressiv. Das ist nur ein möglicher Grund für den Widerstand. Als Angehöriger finden Sie am besten auch hier heraus, warum sich Ihr Familienmitglied im Moment unverstanden oder ungerecht behandelt fühlt. Lese-Tipp: Demenz verstehen: Warum die Oma keine neuen Kleider will
- Verlust der Orientierung: Demenz ist mehr als “nur” vergessen. Mit Fortschreiten der Erkrankung verlieren Betroffene immer mehr die Orientierung. Der Orientierungsverlust bei dementen Menschen bezieht sich auf die zeitliche, räumliche, situative und persönliche Wahrnehmung. Das bedeutet, dass der Erkrankte kein Zeitgefühl mehr hat, Situationen nicht mehr einschätzen kann und mit ihnen überfordert ist. Er wird sich in seiner Umgebung und Räumen nicht mehr auskennen und irgendwann auch sich selbst nicht mehr erkennen. Lese-Tipp: Orientierungsverlust bei Dementen: Demenz ist mehr als nur vergessen
Wenn Menschen mit Demenz weglaufen
Das Weglaufen: Auch diese Problematik ist vielen Angehörigen von dementen Menschen bekannt. Für das „Weglaufen“ haben die Demenzkranken viele Gründe. Als gesunder Mensch verlässt man ja auch häufig die Wohnung. Man geht zum Einkaufen, zur Arbeit, zu Freunden oder Verwandte besuchen. Bei Dementen ist das genauso.
Stellen Sie sich folgende Situationen vor:
- Sie haben Ihren dementen Vater für die Betreuung zu sich nach Hause genommen. Im Prinzip ist ihm Ihre Wohnung unbekannt, da er sich nicht mehr an diese erinnern kann. Er kann sich aber sehr wohl noch an seine eigene Wohnung erinnern. Da sie keine Ähnlichkeit mit Ihrer Wohnung hat, glaubt Ihr Vater, dass er bei Ihnen allenfalls mal für ein paar Stunden zu Besuch ist und will nun wieder nach Hause. Unabhängig davon, ob er vielleicht schon seit Monaten oder Jahren bei Ihnen wohnt.
Häufig spricht man bei Menschen mit Demenz von einer Weglauftendenz. Korrekt wäre jedoch die Begrifflichkeit „Hinlauftendenz“. Schließlich möchte der Demente zu einem bestimmten Ort gelangen und nicht von seinem jetzigen weglaufen.
Lese-Tipp: Warum Menschen mit Demenz weglaufen
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Deshalb verlegen Menschen mit Demenz Sachen
Eines vorweg: Wenn Menschen mit Demenz Sachen verlegen, dann ist das kein Akt der Böswilligkeit. Im Gegenteil: Eine Person mit Demenz „denkt“ irgendwann anders. Wir haben das Gefühl, dass er seine eigene Logik entwickelt. Für Sie ist es deshalb wichtig, dass Sie nachvollziehen können, wie der Erkrankte denkt, was seine Beweggründe sind.
Unsere Gastautorin Brita Wellnitz zeigt Ihnen anhand der wahren Geschichte vom verlegten Telefon, was eine demenzkranke Mutter dazu bewegt haben könnte, das Handy ihrer Tochter an einer Stelle abzulegen, wo man es nie vermutet hätte.
„Eine Tochter besucht ihre Eltern in ihrem Zuhause. Dort legt sie ihr Handy auf den Tisch und verbringt den Nachmittag zusammen mit ihrem Vater und ihrer an Demenz erkrankten Mutter. Irgendwann verabschiedet sich die Tochter und fährt weg. Unterwegs bemerkt sie das Fehlen ihres Telefons und dreht um. Zuvor hält sie noch bei einer Freundin an, um deren Telefon zu leihen und kündigt an, dass sie wegen dem vergessenen Telefon noch einmal vorbeikommt. Wieder in der elterlichen Wohnung angekommen, erwartet sie ihre in Tränen aufgelöste Mutter mit den Worten: „Kind, dein Telefon ist nicht mehr da. Es war da, aber nun ist es weg. Vielleicht ist es gestohlen worden, vielleicht habe ich es verlegt. Ich finde es nicht, es ist einfach weg!“ Alle durchsuchen gemeinsam die Wohnung und finden ein kleines Serviertenpäckchen im Schrank.“
Was war da geschehen?
Diese Gedanken gingen der Mutter mit mittelschwerer Demenz möglicherweise durch den Kopf:
- Die Tochter war kaum aus dem Haus, da entdeckt ihre Mutter, dass das Telefon auf dem Tisch vergessen wurde.
- Sie denkt sich: „Oh, das ist wichtig für meine Tochter, sie braucht ihr Telefon. Ich muss es unbedingt für sie bereitlegen, sie wird es abholen wollen.“
- Sie legt es an die Seite, an eine Stelle auf der Schrankwand, an der auch wichtige Briefe gelagert werden.
- Nach einer Weile denkt sie sich: “Ich könnte ihr eine Freude machen. Wenn sie sich schon ärgert, weil sie zurückfahren muss, lege ich ihr was Süßes dazu.“
- Sie legt das Eck Schokolade auf das Telefon. Wieder vergeht ein Moment. Sie ist sehr mit der Tatsache beschäftigt, dass die Tochter das Telefon vergessen hat. Immer wieder schaut sie darauf. Jetzt sieht sie die Schokolade direkt auf dem Handy. „So geht das nicht“, denkt sie, „ich muss sie in etwas einwickeln.“
- Sie sucht und findet die Serviette: „Die ist geeignet. Und wenn ich es schon so schön einpacke, dann lege ich noch eine nette Notiz dazu.“
- Ein paar Minuten vergehen. Irgendwann fällt ihr Blick auf das kleine Serviertenpäckchen. Sie weiß nicht mehr, was sich darin verbirgt und findet auch nicht, dass es an den Platz mit den wichtigen Briefen gehört und packt es in den Schrank.
Tipps für den Umgang mit Demenzkranken
Demenz verändert nicht nur das Leben des Erkrankten, sie krempelt auch das der Angehörigen um.
Diese Tipps können Sie bei der Demenzpflege unterstützen:
- Viele pflegende Angehörige fragen sich, ob ihr Familienmitglied erfahren sollte, dass es an Demenz erkrankt ist. Hierzu gibt es aber keine grundsätzliche Empfehlung. Es kommt auf den Patienten selbst und dessen Zustand an. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wie er die Situation beurteilt.
- Eignen Sie sich Wissen über die Erkrankung an. Lesen Sie nicht nur Bücher, sondern sprechen Sie dazu mit dem Arzt und suchen Sie eine Selbsthilfegruppe auf. Begleiten Sie Ihren Angehörigen vielleicht auch zu einer Reha. Dort werden spezielle Fachvorträge angeboten.
- Versuchen Sie, herauszufinden, was Ihren Angehörigen bedrückt, was ihn umtreibt und was seine Beweggründe für sein momentanes Verhalten sind. Je besser Sie die Beweggründe kennen, umso eher können Sie agieren.
- Den dementen Menschen können Sie nicht mehr ändern. Um ein gutes Miteinander zu erreichen, müssen die gesunden Familienmitglieder ihr Verhalten dem Kranken anpassen.
- Vermeiden Sie Diskussionen. Sie sind wenig zielführend. Im Gegenteil: Diskussionen können Missverständnisse und Unverständnis beim Betroffenen auslösen. Aggression, Wut und das Gefühl, sich nicht verstanden zu fühlen, sind die Folge.
- Loben Sie Ihren Angehörigen für das, was er gut gemacht hat, halten Sie ihm aber nicht seine Defizite vor. Der Patient weiß, dass vieles nicht mehr so funktioniert, wie er es sich auch selbst vorstellt. Vorhaltungen machen die Situation deshalb nicht besser.
- Pflegen Sie einen respektvollen Umgang mit Ihrem Angehörigen.
- Beziehen Sie Ihr Familienmitglied, so weit wie möglich, in das tägliche Leben mit ein. Geben Sie Ihrem Angehörigen nützliche Aufgaben, die er gerne macht. Tätigkeiten, die Ihr Angehöriger noch nie mochte, wird er wahrscheinlich auch jetzt nicht machen wollen.
- Für Demenzpatienten ist ein geregelter und strukturierter Tagesablauf hilfreich. Versuchen Sie, diesen einzuhalten.
Mehr über den Umgang mit dementen Menschen finden Sie auch in Büchern zum Thema Validation. Bei der Validation geht es um eine wertschätzende Haltung gegenüber dem Patienten. Naomi Feil hat dazu ein eigenes Validations-Programm entwickelt, das auch häufig in Pflegeheimen angewendet wird. Validation kann nicht heilen. Sie soll jedoch bei den Pflegenden bewirken, dass diese die demenziellen Verhaltensweisen verstehen und akzeptieren.
Lese-Tipp: Demenzkranke Menschen beschäftigen und aktivieren
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Die Ernährung bei einer Demenzerkrankung
Häufig haben Demenzkranke ein Problem mit der Ernährung, also einer ausreichenden Nährstoffversorgung, und dem Gewicht. Das kann verschiedene Ursachen haben:
- Entweder, sie wissen nicht mehr, dass sie bereits gegessen haben und essen dann noch ein zweites oder gar drittes Mal, wenn sie keiner aufhält.
- Oder sie denken, sie haben bereits gegessen. Damit fällt dann die Mahlzeit automatisch aus.
- Es kann auch sein, dass sie schlicht und ergreifend vergessen, zu essen.
Lese-Tipp: Demenz verstehen: Mit kleinen Tricks zum Essen animieren
Einige Demenzpatienten haben mehr oder weniger schwere Schluckprobleme – sie erinnern sich nicht, wie man kaut oder schluckt. Menschen mit ausgeprägten Schluckbeschwerden brauchen eine etwas andere Ernährung. So ist zum Beispiel Brot meist zu bröckelig und deshalb ungeeignet für Dysphagiepatienten. Getränke sind häufig zu dünnflüssig und müssen angedickt werden. Auch andere Nahrungsmittel bieten sich nicht für Menschen mit Schluckbeschwerden an. Vieles muss püriert oder speziell zubereitet und angereichert werden. Eine Schluckstörung darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Das Verschluckte kann in die Lunge gelangen und dort eine Lungenentzündung auslösen.
Lese-Tipp: Richtige Ernährung bei Schluckstörungen – mit Rezeptvorschlägen
Demenz: Darauf können Sie bei der Pflegeplanung achten
Der Verlauf einer Demenz kann unterschiedlich schnell vonstattengehen. Sie als Angehöriger sollten deshalb regelmäßig unter anderem prüfen, ob der Demente:
- noch alleine leben kann. Ist gewährleistet, dass er zum Beispiel nicht versehentlich das Haus in Brand steckt, weil der Herd nicht abgeschaltet wurde und als Ablagefläche diente?
- für sich selbst und seine Umwelt kein Risiko darstellt, weil er vielleicht verwirrt auf der Straße umherirrt.
- sich noch selbst versorgen, alle Einkäufe tätigen, die Wäsche waschen und die Wohnung sauber halten, kann.
- alleine alle Wege findet oder sich immer häufiger verläuft.
- verwahrlost oder mangelernährt ist.
- jede notwendige medizinische Untersuchung und Behandlung erhält.
- alle Medikamente noch selbst herrichten und einnehmen kann.
- noch alleine Autofahren kann.
- die Körperhygiene alleine durchführen kann.
Muss Ihr Angehöriger aus gesundheitlichen Gründen in eine Klinik, können Sie sich den Ratgeber Demenzpatienten im Krankenhaus – das sollte beachtet werden durchlesen. Übrigens: Menschen mit Demenz leiden nicht selten unter unentdeckten Schmerzen.
Lese-Tipp: Inkontinenz bei Menschen mit Demenz – 8 typische Probleme
So sieht eine sichere Wohnung für Demenzpatienten aus
Patienten, die an Demenz leiden, fallen oder stolpern sehr schnell. Wenn Sie zu Hause einen an Demenz erkrankten Menschen pflegen, sollten Sie eine sichere Wohnung für ihn haben und das häusliche Umfeld der Krankheit anpassen. Hierzu gehören unter anderem, dass Nachtlampen eingeschaltet, Stolperfallen, wie Teppiche oder lose Kabel, beseitigt und stabile Haltemöglichkeiten im gesamten Haus angebracht werden. Socken und Schuhe sollten rutschfest sein, ebenso Fußmatten. Müssen Treppen überwunden werden, können Sie den Einbau eines Treppenlifts prüfen.
Lese-Tipps: Tipps und Hilfsmittel für die Demenzbetreuung zu Hause und Schaukeln als Therapie bei Demenz: Pflegesessel mit automatischer Wiege-/Schaukelfunktion
Vergessen Sie sich selbst bei der Demenzpflege nicht!
„Pflegende sollten sich über der Sorge für den Betroffenen nicht selbst vergessen. Sie sollten mit ihren Kräften haushalten, sich Erholungspausen gönnen und auch weiterhin eigenen Interessen nachgehen. Nur wer selbst noch Freude am Leben hat, kann auch seinem kranken Angehörigen eine Atmosphäre des Wohlbehagens schaffen,“ sagt der Gedächtnisexperte Carsten Brandenberg. Wie ein Urlaub, ein freies Wochenende oder ein freier Abend für pflegende Angehörige zu organisieren ist, darüber sollten Sie auch mit dem behandelnden Arzt sprechen.
Er kann bei der Suche nach Lösungen, zum Beispiel in Form der Kurzzeitpflege oder durch häusliche Pflegedienste, behilflich sein. „Überhaupt tragen Gespräche häufig dazu bei, den Angehörigen Demenzkranker ihre schwierige Aufgabe zu erleichtern“, so der Experte aus Essen. „Probleme können auch bei speziellen Angehörigenberatungsstellen oder der regionalen Alzheimergesellschaft erörtert werden.
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Pflegende brauchen jemanden, mit dem sie auch über ihre aggressiven Gedanken, ihre Scham, ihre Trauer, ihre Ungeduld und ihre Unzulänglichkeitsgefühle sprechen können. In der Gruppe fühlen sich die Angehörigen ernst genommen und verstanden und sie kann ihnen helfen, das Gefühl der Isolation zu durchbrechen.“
Lese-Tipp: Achtsamkeit im Alltag mit Demenz: Stress reduzieren, Lebensqualität steigern
Häufige Fragen zu Demenz und Alzheimer
Demenz ist ein Überbegriff für mehrere Arten von kognitiven Erkrankungen, die Gedächtnis, Denkvermögen und Alltagsfähigkeiten beeinträchtigen. Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz und macht etwa 65 % der Fälle aus. Weitere Formen sind die vaskuläre Demenz und die Lewy-Körperchen-Demenz. Während Demenz allgemein den fortschreitenden Verlust geistiger Funktionen beschreibt, handelt es sich bei Alzheimer um eine spezifische Erkrankung mit typischen Symptomen wie Gedächtnisverlust und Desorientierung.
Frühe Symptome einer Demenz oder Alzheimer sind häufig subtile Veränderungen im Gedächtnis und in der Orientierung, wie das Vergessen von Terminen, Schwierigkeiten bei einfachen Aufgaben oder Orientierungslosigkeit. Auch Persönlichkeitsveränderungen und eine verminderte Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, können Hinweise sein. Wenn solche Veränderungen häufiger auftreten, ist eine medizinische Abklärung ratsam.
Die wichtigste Unterstützung für Angehörige ist ein verständnisvoller Umgang und die Anpassung des Umfelds an die Bedürfnisse des Erkrankten. Ein strukturierter Alltag und klare Routinen helfen Demenzpatienten, sich sicherer zu fühlen. Auch die Einbeziehung in alltägliche Aufgaben, soweit möglich, gibt Betroffenen ein Gefühl der Eigenständigkeit. Eine wertschätzende Kommunikation und Geduld sind essenziell, um die Herausforderungen zu meistern.
Aktuell gibt es keine Heilung für Alzheimer und die meisten Demenzformen, jedoch können medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien den Krankheitsverlauf verlangsamen und Symptome lindern. Dazu zählen kognitive Trainings, eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Medikamente können helfen, die kognitiven Funktionen zu stabilisieren und die Lebensqualität zu verbessern.
Es ist ratsam, frühzeitig rechtliche Fragen wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung zu klären, wenn der Patient noch entscheidungsfähig ist. Diese Dokumente legen fest, wer im Ernstfall Entscheidungen für den Erkrankten treffen darf und welche medizinischen Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt werden. Ein Rechtsanwalt oder eine Fachstelle kann hier helfen, die Vorkehrungen korrekt zu treffen.
Für pflegende Angehörige gibt es verschiedene Unterstützungsangebote, darunter die Tagespflege, Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege. Zudem kann ein ambulanter Pflegedienst Entlastung bieten. Die Pflegekasse gewährt in vielen Fällen finanzielle Unterstützung für solche Maßnahmen. Auch Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen bieten wertvolle Hilfe und Austauschmöglichkeiten für Angehörige.
Aggressives Verhalten bei Demenzkranken ist oft eine Ausdrucksform von Angst, Verwirrung oder Unverständnis. Es hilft, die Ursache des Verhaltens zu ermitteln und das Umfeld des Erkrankten entsprechend zu gestalten. Diskussionen sollten vermieden werden, da sie meist zu Missverständnissen führen. Stattdessen können einfache, ruhige Worte, Ablenkung und körperliche Nähe beruhigend wirken.
Eine sichere Wohnung für Demenzkranke sollte Stolperfallen wie Teppiche und lose Kabel vermeiden und rutschfeste Fußmatten sowie Haltegriffe in Bad und Treppenhaus umfassen. Nachtlichter, klare Beschilderungen und farbliche Abgrenzungen von Türen und Schränken helfen den Patienten, sich leichter zu orientieren und das Risiko von Stürzen zu minimieren.
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Ein großartiger hilfreicher Beitrag. Sollte auch von vielen Ärzten verbreitet werden, Er erinnert mich an viele Situationen mit meinem dementen Mann der 2017 verstarb. Ich fühlte mich oft allein gelassen und habe, wie man es ja auch in jungen Jahren bei der Kinder – Erziehung gemacht hat, immer auf mein Bauchgefühl verlassen und denke vieles richtig gemacht. Ein Lehrgang bei der Alzheimer Gesellschaft war dabei auch noch sehr förderlich.