Sonja Fröse
Examinierte Pflegefachkraft, Qualitätsmanagementbeauftrage, Palliativfachkraft und Pflegeautorin
Erstellt am 10.04.2025
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Das Wichtigste in Kürze

  • Als Palliative Care wird international das Konzept bezeichnet, das die Einschätzung, Beratung und Versorgung von schwerstkranken und sterbenden Menschen zusammen mit ihren Angehörigen durch ein multiprofessionelles und interdisziplinär (= fächerübergreifend) arbeitendes Team umfasst.

  • Der deutsche Begriff für Palliative Care lautet Palliativversorgung. Demgegenüber steht eine kurative (heilende) Behandlung.

  • Palliative Care kann ambulant, stationär (Hospiz oder Palliativstation) und teilstationär erfolgen.

  • SAPV ist die Abkürzung für Spezielle Ambulante Palliativversorgung, die fachärztlich verschrieben werden kann. Die Kosten trägt die Krankenkasse.

  • Palliative Care wird häufig mit Sterben und Tod in Verbindung gebracht, wobei das erst im letzten Stadium der Versorgung eintritt. Die palliative Versorgung hat immer den Fokus auf Symptombehandlung, Schmerzfreiheit und Verbesserung der Lebensqualität.

So gehen Sie vor

  • Bedarf ermitteln: Klären Sie den Unterstützungsbedarf des Erkrankten – z. B. Schmerztherapie, psychosoziale Betreuung oder Seelsorge.

  • Professionelle Beratung nutzen: Wenden Sie sich an Hausärzte, Palliativdienste oder Hospizvereine, um passende Angebote und finanzielle Unterstützung zu finden.

  • Anträge stellen: Beantragen Sie Palliativpflegeleistungen bei der Krankenkasse und informieren Sie sich über zusätzliche Fördermöglichkeiten.

  • Betreuung organisieren: Entscheiden Sie gemeinsam mit dem Erkrankten und den Fachkräften über die geeignete Versorgungsform (ambulant, stationär, teilstationär).

  • Regelmäßige Abstimmung: Bleiben Sie im Austausch mit den Pflegekräften, um die Betreuung laufend an die Bedürfnisse anzupassen.

Welche Grundsätze gibt es in der Palliative Care?

Sterben ist für niemanden einfach, hängen wir doch in der Regel alle viel zu sehr am Leben. Gerade bei der Palliativpflege sieht man, wie sich vieles plötzlich verändert. In der Sterbephase können plötzlich Gefühle auftreten, die jahrelang unterdrückt wurden. Menschen werden einem wieder wichtig, mit denen man vielleicht schon „abgerechnet“ hatte. Ansichten und Meinungen können sich grundlegend ändern.

Unwichtiges wird plötzlich wichtig, Wichtiges ist nicht mehr relevant. Es gab Zeiten, da wurden die Gefühle und Wünsche totgeschwiegen, das Thema Sterben bei einem Todkranken ausgeklammert. Der Sterbende wurde allein gelassen.

Doch wer will das wirklich. Viele Sterbenden trauen sich nicht, ihre Angehörigen mit dem Thema zu belasten. Angehörige muntern den Sterbenden auf und tun so, als wäre alles in Ordnung, der Patient in bester Verfassung. Es findet keine Kommunikation statt, die doch so wichtig wäre. In der Palliativpflege ist dies anders.

Sterben und Tod gehören zum Leben dazu.

Palliative Care dient der Verbesserung der Lebensqualität von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung, sowie deren Familien.

Körperliche, psychosoziale und spirituelle Leiden sollen durch frühe Einschätzung und Behandlung vorgebeugt und gelindert werden. Die Versorgung ist ein kontinuierlicher Prozess.

Die Würde und Autonomie (Selbstbestimmung) der Patient:innen und ihren Angehörigen wird respektiert. Häufig gehen damit aufklärende und offene Gespräche einher über Möglichkeiten und Wünsche, aber auch über Grenzen, Hoffnungen und unerfüllbare Vorstellungen. Dies erfordert gegenseitigen Respekt und Einfühlungsvermögen von allen Beteiligten.

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Wann beginnt Palliative Care?

Meist zu spät. Der Grund hierfür ist wohl eine Mischung aus Unwissenheit über die Möglichkeiten und ein bewusstes oder unbewusstes Verdrängen über den nicht mehr heilbaren Krankheitszustand.

Der Übergang von einer kurativen Behandlung zu einer immer mehr palliativ-geprägten Versorgung ist im besten Fall schleichend. Dabei hilft die Einteilung in unterschiedliche Palliativphasen (nach Dr. Ingeborg Jonen-Thielemann):

Rehabilitationsphase – dauert zwischen Monaten und Jahre und ermöglicht trotz palliativer Therapie und fortgeschrittener Erkrankung ein nur wenig eingeschränktes Leben;

Präterminalphase – dauert zwischen Wochen und Monaten in denen deutlichere Beschwerden meist gelindert werden können;

Terminalphase – dauert zwischen Tage und Wochen in denen zunehmende Einschränkungen meist eine Bettlägerigkeit, Schwäche und deutliche Zeichen des nahen Todes bestehen;

(Prä-)Finalphase – dauert wenige Stunden (meist die letzten 72 Stunden des Lebens) in denen der sterbende Mensch endgültig (final) im Sterben befindet.

Braucht es eine Patientenverfügung für Palliative Care?

Ja, denn diese klärt, was der betroffene Mensch möchte, falls er oder sie nicht mehr in der Lage ist, dies zu äußern. Außerdem nimmt eine Patientenverfügung die Last von den Angehörigen, Entscheidungen zu treffen, bei denen sie unsicher sind, ob sie richtig oder falsch sind.

Während der Erstellung einer Patientenverfügung haben alle Beteiligten die Möglichkeit, sich ausführlich zu besprechen und zu beraten und so Entscheidungen zu treffen mit einem möglichst großen Informationshintergrund. Im Gespräch mit dem Palliativarzt bzw. der Palliativärztin und/oder den Pflegefachkräften, die häufig die Schnittstelle zum Facharzt bilden, können so Fragen und Ungewissheiten geklärt werden.

Beispielsweise ist wichtig, ob eine künstliche Nahrungs- oder Flüssigkeitszufuhr gewünscht wird (siehe auch die Frage zum „Sterbefasten“). Außerdem kann entschieden werden, in welchem Rahmen Bluttransfusionen, Sauerstoffzufuhr und Schmerzmedikamente gewünscht werden. Umso klarer die Wünsche formuliert werden, desto besser kann die Versorgung gelingen.

In die Patientenverfügung kann auch vermerkt werden, ob ein Aufenthalt in einem Hospiz gewünscht wird oder nicht. Das kann z. B. von bestimmten Situationen abhängig gemacht werden, ob nächtliche Versorgung notwendig wird, oder die Ausscheidungen nicht mehr kontrolliert werden können. Im Sinne für die Angehörigen kann sich die betroffene Person fragen, ob dann zusätzliche Hilfen und Entlastung notwendig ist.

Achtung: Die Patientenverfügung klärt die medizinisch-pflegerische Versorgung. Finanzielle oder andere persönliche Entscheidungen und Befugnisse werden in einer Vollmacht geregelt.

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Welche Therapien und Maßnahmen gibt es in der Palliative Care?

Häufig haben Betroffene und Angehörige die Sorge, dass „nichts mehr“ gemacht wird, wenn Palliative Care begonnen wird. Worte wie „austherapiert“ schwirren umher. Das ist nicht der Fall!

Gerade die Konzentration auf die Symptomlinderung, vor allem der Schmerzminimierung bzw. -linderung, eröffnet viele Möglichkeiten. Wer zuvor schmerzbedingt unfähig war, Atem- oder Mobilitätsübungen zu bewältigen, verschlimmert durch Schonhaltungen die Mobilität Beweglichkeit oder es bestand die Gefahr einer Lungenentzündung aufgrund von Atemeinschränkungen. Durch eine ausreichende Schmerzlinderung können Folgeerkrankungen und weitere Einschränkungen vermindert werden.

Häufig werden physiotherapeutische Behandlungen durchgeführt. Das können Massagen und Lymphdrainagen gegen Verspannungen und Schwellungen sein, aber auch Geh- und Stehübungen, Herz-Kreislauf-Übungen oder Atemübungen.

Es gibt unzählige Therapien und Maßnahmen von den vielfältigen Experten der unterschiedlichen Fachrichtungen im Palliativ-Team, beispielsweise

  • ärztlich-medizinische Maßnahmen

(Legen von Sonden zur Entlastung, Port-Anlage zur Gabe von i.v.-Medikation, Sauerstoffgaben, Schmerzmittel usw.)

  • pflegerische Maßnahmen

(Lagerungen, spezielle Mundpflege, Wundbehandlung, Beratung zu Hilfsmitteln, usw.)

  • psychologische Maßnahmen

(Einzel- und Gruppengespräche, Erlernen von Entspannungstechniken usw.)

  • physiotherapeutische Maßnahmen

(Massagen, Lymphdrainagen, Wärme- oder Kälteanwendungen, Atemübung, usw.)

  • Logopädische, musiktherapeutische, ernährungstherapeutische Maßnahmen
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Welche ambulanten, teilstationären und stationären Versorgungsformen innerhalb der Palliative Care gibt es?

Das Konzept von Palliativ Care gibt es für alle Wohnformen – sowohl ambulant als auch stationär. Prinzipiell wird in Allgemeine Ambulante Palliativversorgung (AAPV) und Spezielle Ambulante Palliativversorgung (SAPV) unterschieden. Die AAPV wird durch den Hausarzt verschrieben und durchgeführt, die SAPV durch eine Facharzt und einem multiprofessionellem Team, in Zusammenarbeit mit dem bekannten  Pflegedienst und den Angehörigen.

Bei der SAPV, der Speziellen Ambulanten Palliativversorgung werden die Patienten von einem speziellen Palliativ-Team unterstützt. Hierfür wird eine Ärztliche Verordnung über die SAPV ausgeschrieben (§4 ASPV-RL), wenn der Patient die Voraussetzungen erfüllt.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von SAPV (§37 b SGB V- Anspruch auf SAPV) sehen zum Beispiel vor, dass eine ausgeprägte Schmerzsymptomatik, ausgeprägte neurologisch oder kardiale Symptome vorliegen oder auch ausgeprägte ulzerierende Wunden und Tumore.

Die teilstationäre Hospiz- bzw. Palliativversorgung ist derzeit in Deutschland im Aufbau. Dort sollen Menschen tagsüber die Möglichkeit haben, palliativmedizinisch betreut und versorgt zu werden und danach wieder nach Hause kommen. Sicherlich ist das auch für Angehörige ein sehr attraktives Angebot.

Achtung: Ambulante (ehrenamtliche) Hospizversorgung durch den lokalen Hospizverein ist nicht das Gleiche wie SAPV oder AAPV! Im Rahmen der ambulanten Hospizversorgung erhalten die Betroffenen und Angehörigen persönliche oder telefonische Gespräche, aber keine umfangreiche medizinisch-pflegerische Versorgung.

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Gut zu wissen!

Lokale Hospiz- und Palliativvereine bieten regelmäßig sogenannte „Letzte-Hilfe-Kurse“ an. Darin erhalten Teilnehmer:innen allgemeine und praktische Hinweise zum Umgang mit Menschen in ihrer letzten Lebensphase und zur Sterbebegleitung.

Wie lange wird Palliative Care bewilligt?

SAPV kann intermittierend oder durchgängig erbracht werden, schließlich kann es sein, dass es unter der Versorgung und trotz der unheilbaren Symptomen eine Verbesserung bzw. Remission (vorübergehende oder dauerhafte Schwächung von Symptomen) herbeigeführt werden kann.

Die Erstverordnung wird meist über 10 Tage ausgestellt, die Folgeverordnungen jeweils über 4 Wochen.

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Wie schnell kann Palliative Care beginnen?

Das kommt häufig auf die Kapazitäten der jeweiligen Versorger an, sowie auf die eigene Flexibilität. Normalerweise dauert es nur wenige Tage zwischen Antragstellung, Bewilligung und Beginn der Leistung.

Es ist zudem gesetzlich geregelt, dass die Bearbeitung von Palliativleistungen schneller stattfinden muss als eine Regelversorgung.

Ein spezialisiertes Palliative-Care-Team arbeitet mit dem vorhanden Pflegedienst zusammen und unterstützt in den medizinisch-pflegerischen Bereichen. Es ist also ergänzend zu den bereits vorhandenen Versorgungsstrukturen.

Wer gehört zum Palliative Care Team?

Zum Palliative Care Team gehören Fachpflegekräfte für Palliative Care, Palliativärzt:innen, Physiotherapeut:innen, Sozialarbeiter:innen und Koordinator:innen, eine Apotheke mit Bringedienst, Seelsorger, Pschyoonkologe und ehrenamtliche Mitarbeiter:innen

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FAQ Titel

Ist Palliative Care nur für Menschen mit Krebs?
Unterstützt Palliative Care auch die Angehörigen?
Was bedeutet Sterbefasten?
Wie kann „Sterben zu Hause“ aussehen?
Was ist Sterbebegleitung?
Mein Angehöriger möchte zu Hause sterben. Wie kann ich diesen Wunsch erfüllen?
Was kann ich als Angehöriger tun?
Was kostet ambulante Palliative Care?
Quelle:
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