Wer darf Verhinderungspflege ausführen?

Verhinderungspflege ausführen
Kann eigentlich jeder Verhinderungspflege ausführen?

Kann eigentlich jeder die Verhinderungspflege ausführen? Wenn die Pflegeperson nicht pflegen kann. Pflegende Angehörige benötigen hin und wieder eine Auszeit. Sei es, dass ein Besuch beim Arzt ansteht oder ein Urlaub oder einfach mal ein paar freie Stunden.

Um diese Zeiten überbrücken zu können, haben pflegende Angehörige die Möglichkeit, Verhinderungspflege in Anspruch zu nehmen. Die dafür entstandenen Kosten werden unter bestimmten Voraussetzungen und bis zu einer bestimmten Höhe von der Pflegekasse erstattet.

Welche Personen + Dienstleister dürfen Verhinderungspflege ausführen?

Prinzipiell kann jeder der körperlich und geistig fit ist, eine Verhinderungspflege ausführen. Allerdings wird in der Abrechnung (mehr zur Abrechnung – siehe weiter unten) unterschieden, ob es sich um eine

  1. nahe Verwandte bzw. verschwägerte Person oder um eine
  2. nicht oder nur weitläufig verwandte Person oder einen externen Dienstleister handelt.

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1. Nahe verwandte Personen

Zu den nahen Verwandten und verschwägerten Personen bis zum 2. Grad im Sinne des §1589 BGB und § 1590 BGB gehören:

  • Eltern, Großeltern
  • Kinder, Enkelkinder
  • Geschwister
  • Stiefeltern, Stiefgroßeltern, Stiefkinder
  • Stiefenkelkinder (Kinder des Ehe- / Lebenspartners)
  • Schwiegereltern, Schwiegerkinder (Schwiegersohn / Schwiegertochter)
  • Schwager und Schwägerin
  • Schwiegerenkel (Ehe- / Lebenspartner der Enkel)
  • Großeltern des Ehe- / Lebenspartners
Nahe Verwandte erhalten als Ersatzpflegeperson das 1,5 fache vom Pflegegeld
Bei der Verhinderungspflege ist entscheidend, welcher Verwandtschaftsgrad vorliegt.

2. Nicht verwandte Personen

Zu den nicht nahen Verwandten und externen Dienstleistern gehören:



Bitte nicht vergessen!
Mit einem Pflegegrad haben Sie Anrecht auf monatliche Pflegehilfsmittel.


Ist gegenseitige Verhinderungspflege durch eingetragene Pflegepersonen möglich?

Angenommen, Frau Grauer wird von ihren beiden Töchtern Anna und Bianca gepflegt. Beide sind eingetragene Pflegepersonen. Kann Bianca Verhinderungspflege abrechnen, wenn sie für Ihre Schwester Anna einspringt?

Seit 2022 ist es möglich, dass sich eingetragene Pflegepersonen gegenseitig vertreten und die Verhinderungspflege übernehmen können. Allerdings gibt es hierfür gewisse Hürden:

Mehraufwendungen und Fahrtkosten

Übernimmt eine eingetragene Pflegeperson die Ersatzpflege für eine andere eingetragene Pflegeperson, können nur die entstandenen (Mehr)-Aufwendungen, wie z.B. Verdienstausfall, Fahrtkosten etc. mit der Pflegekasse abgerechnet werden.

Beispiel:

Nehmen wir die o.g. Frau Grauer.

  • Ihre Tochter Anna ist nicht berufstätig und pflegt deshalb unter der Woche ihre Mutter.
  • Da Bianca berufstätig ist, pflegt sie samstags und sonntags ihre Mutter.
  • Bianca wohnt 15 km entfernt von ihrer Mutter.
  • Sowohl Bianca als auch Anna sind eingetragene Pflegepersonen.
  • Nun ist aber Anna krank geworden und kann nicht pflegen.
  • Bianca springt für ihre Schwester ein, muss dafür aber unbezahlten Urlaub nehmen.
  • Seit dem 01.01.2022 ist es möglich, dass Bianca ihren Verdienstausfall erstattet bekommt. Das war vorher nicht möglich.
  • Außerdem kann Bianca die Fahrtkosten mit abrechnen.

Zusammenfassung

  • Seit dem 01.01.2022 können sich Pflegepersonen gegenseitig vertreten und dafür die Verhinderungspflege nutzen.
  • ACHTUNG Es ist dabei nicht möglich, dass über einen Stundenlohn abgerechnet werden kann. Fahrtkosten und Verdienstausfälle müssen nachgewiesen werden.
  • UND NOCH EINE BESONDERHEIT: Jeder Tag, an dem die Verhinderungspflege durch eine eingetragene Pflegeperson durchgeführt wird, wird als „tageweise Verhinderungspflege“ bei der Kasse bewertet. Das bedeutet, dass es von den 42 Tagen, die im Jahr für die „tageweise“ Verhinderungspflege zur Verfügung stehen, abgeht.

Gesetzestext und Quelle
Diese Neuordnung wurde im Gemeinsamen Rundschreiben vom 01.12.2021 zu den leistungsrechtlichen Vorschriften veröffentlicht.

Wortlaut: Die Inanspruchnahme von Leistungen der Verhinderungspflege kann auch in Betracht kommen, wenn sich mehrere Pflegepersonen einer pflegebedürftigen Person gegenseitig vertreten. Dies gilt dann, wenn eine Pflegeperson in einem Zeitraum, in dem sie ansonsten üblicherweise die Pflege durchgeführt hätte. In diesem Fall können die Mehraufwendungen erstattet werden, die durch die Vertretung der anderen Pflegeperson entstehen.

Wie alt muss die Ersatzpflegeperson mindestens sein?

Gibt es eine gesetzliche Vorgabe, welches Mindestalter eine Ersatzpflegeperson haben muss? Kann der 11-jährige Enkel die Verhinderungspflege für die Eltern übernehmen oder kann der 14-jährige Nachbarsjunge die Ersatzpflegeperson sein?

Pauschal kann man diese Frage nicht beantworten. Sie sollten sich aber über folgende Punkte im Klaren sein.

  • Verantwortung: Einen Menschen zu pflegen und zu betreuen bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Oftmals können Jugendliche die Tragweite ihres Handelns und ihrer Verantwortung gar nicht überblicken und sind schnell mit der Situation überfordert.
  • Kindeswohl: Wichtig ist, dass man das Kindeswohl im Auge behält und sowohl die körperliche als auch geistige Unversehrtheit des Kindes sicherstellt.
  • Jugendarbeitsschutzgesetz: Im Jugendarbeitsschutzgesetz (obwohl es sich bei der Verhinderungspflege nicht klassisch um eine Arbeit als solches handelt), ist ebenfalls verankert, dass Kinderarbeit verboten ist. Dies betrifft Minderjährige unter 15 Jahren.
  • Renten- und Arbeitslosenversicherung: Pflegepersonen sind renten- und arbeitslosenversichert. Für minderjährige Pflegepersonen, die den 15. Geburtstag noch nicht erreicht haben, gibt es keine Versicherungspflicht.

Unter der Berücksichtigung dieser Kriterien sollte die Ersatzpflegeperson nicht jünger als 15 Jahre sein. Da es aber keine konkrete Altersuntergrenze gibt, ist das lediglich eine Empfehlung von uns. Es kann durchaus Kassen geben, die eine Volljährigkeit, also mindestens 18 Jahre, für die Ersatzpflegeperson voraussetzen. Das sollten Sie dann aber im Einzelfall abklären.



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Welche Beträge können für Verhinderungspflege abgerechnet werden?

icon-info-circle Für nahe Verwandte (einschließlich Verwandte bis zum 2. Grad) oder im Haushalt des Pflegebedürftigen lebende Personen kann Verhinderungspflege wie folgt abgerechnet werden:

  • Maximal das 1,5 fache des Pflegegeldes.
  • Hat die Ersatzpflegeperson einen Verdienstausfall oder sind ihr Fahrtkosten entstanden, kann die Leistung auf maximal 1.612 Euro aufgestockt werden.
  • Außerdem können die Übernachtungskosten der Ersatzpflegeperson abgerechnet werden, wenn diese nicht im Haushalt der pflegebedürftigen Person übernachtet, sondern z.B. im Hotel oder einer Pension.

Klären Sie das bitte mit Ihrer Pflegekasse ab. Mehr dazu auch auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums.

Für nicht nahe Verwandte und externe Dienstleister bezahlt die Pflegekasse maximal 1.612 Euro Verhinderungspflege jährlich.

Beispiel:

  • Herr Müller wird von seiner Tochter gepflegt. Diese möchte in Urlaub fahren. Herr Müller wird während dieser Zeit vom Sohn betreut und gepflegt. Für ihn trifft die Regelung der nahen Verwandten zu. Es wird jedoch lediglich der 1,5 fache Satz des monatlichen Pflegegeldes bezahlt. Fallen Fahrtkosten oder Verdienstausfall an, können diese bis zum Höchstbetrag von 1.612 Euro erstattet werden. Dazu sprechen Sie bitte mit Ihrer Pflegekasse.
  • Herr Müller läßt sich anstatt vom Sohn von einem Nachbarn (also kein Verwandter bis zum 2. Verwandtschaftgrad) pflegen. Für die erbrachte Pflegeleistung erhält dieser den vereinbarten Stundensatz für die Pflege. Die Pflegekasse übernimmt maximal 1.612 Euro. Lassen Sie sich bitte die Kosten quittieren, damit Sie den Beleg für die Kostenerstattung bei der Pflegekasse einreichen können.
  • Läßt sich Herr Müller in dieser Zeit von einem ambulanten Pflegedienst betreuen, kann der Pflegedienst die entstanden Kosten direkt mit der Pflegekasse abrechnen.

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Kann auch ein Pflegeheim Verhinderungspflege ausführen?

Verhinderungspflege wird in der Regel zu Hause durchgeführt.

Soll die zu pflegende Person während der zu überbrückenden Zeit in einem Pflegeheim betreut werden, handelt es sich eigentlich um Kurzzeitpflege und nicht mehr um Verhinderungspflege. ABER: Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege können kombiniert werden, so dass auch die Pflege in einem Altenheim über die Verhinderungspflege mitfinanziert werden kann.

Zum Beantragen und Abrechnen der Verhinderungspflege haben wir Ihnen unser Formular “Antrag + Abrechnung Verhinderungspflege” bereitgestellt, das Sie gerne verwenden dürfen.

Welche Leistungen werden von der Krankenkasse bezahlt?

Wie hoch die Leistungen der Ersatzpflege sind, entnehmen Sie bitte meinem Beitrag „Pflegestärkungsgesetz – Alle Pflegeleistungen auf einen Blick als Tabelle“. Dort sind die aktuellen Werte hinterlegt.

Rechtliche Regelung der Verhinderungspflege

Die offizielle Bezeichnung für Verhinderungspflege lautet „Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson“ und ist im Sozialgesetzbuch XI, Paragraph 39 geregelt.

FAQ – Häufige Fragen zur Verhinderungspflege

Was ist die Verhinderungspflege?

Die Verhinderungspflege ist eine Leistung der Pflegeversicherung, die greift, wenn die private Pflegeperson vorübergehend ausfällt oder sich eine Auszeit nehmen möchte. Sie dient dazu, die pflegebedürftige Person während dieser Zeit angemessen zu versorgen.

Kann ein Antrag auf Verhinderungspflege abgelehnt werden?

Die Bewilligung eines Antrags auf Verhinderungspflege kann abgelehnt werden, wenn die festgelegten Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder der Antrag fehlerhaft ausgefüllt wurde. Es ist wichtig zu beachten, dass Verhinderungspflege, nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn es eine eingetragene Pflegeperson gibt. Wer ausschließlich von einem Pflegedienst gepflegt wird kann die Verhinderungspflege nicht in Anspruch nehmen.

Kann man sich das Geld für die Verhinderungspflege auszahlen lassen?

Nein, die Verhinderungspflege kann nicht ausbezahlt und frei verwendet werden. Das Budget aus der Verhinderungspflege ist “zweckgebunden”.

Ab welchem Pflegegrad kann man Verhinderungspflege in Anspruch nehmen?

Ab Pflegegrad 2 haben pflegebedürftige Versicherte Anspruch auf Verhinderungspflege.

Wie hoch ist die Verhinderungspflege 2023?

Bei einem Pflegegrad von 2 bis 5 erstattet die Pflegeversicherung bis zu 1.612 Euro pro Kalenderjahr für die Verhinderungspflege. Zusätzlich kann noch ein Teil des Budgets aus der nicht genutzten Kurzzeitpflege in Höhe von 806 € umgewandelt werden, sodass für die Verhinderungspflege bis zu 2.418 € zur Verfügung stehen.

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