Psychische Erkrankungen: So beantragen Sie einen Pflegegrad

Psychische Erkrankungen: So beantragen Sie einen Pflegegrad
Psychische Erkrankungen kann jeden durch einen Schicksalsschlag treffen

Ist man mit einer Depression tatsächlich pflegebedürftig? Gibt es einen Pflegegrad für psychische Erkrankungen?

Seit der Einführung des Pflegestärkungsgesetzes II zum 01.01.2017 werden bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit nicht mehr nur physische (körperliche) Erkrankungen, sondern auch psychische Erkrankungen (seelische Krankheiten) gleichermaßen berücksichtigt.

Unter gewissen Voraussetzungen kann deshalb auch bei psychischen Erkrankungen wie z.B. bei Depressionen, autistischen Persönlichkeitsstörungen, Asperger-Syndrom, ADHS, Borderline, Demenz usw. ein Antrag auf einen Pflegegrad gestellt werden.

Wir zeigen Ihnen in unserem Beitrag, worauf Sie achten müssen und welche Fehler Sie vermeiden sollten.

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Welche psychischen Erkrankungen gibt es?

Zuerst einmal möchten wir klären, was die Definition einer psychischen Erkrankung ist.

Definition psychische Erkrankungen: Menschen mit einer psychischen Störung haben im Verhalten deutliche Abweichungen zu psychisch gesunden Menschen. Dies bezieht sich vor allem auf das Denken, Wahrnehmen, Fühlen und Handeln. Ob eine psychische Erkrankung vorliegt, kann nur ein Arzt nach einer umfassenden Untersuchung beurteilen.

Wichtig zu wissen: Es gibt nicht DIE EINE psychische Erkrankung, sondern es gibt viele psychische Erkrankungen mit ganz unterschiedlichen Symptomen.

Hier ein Auszug aus den unterschiedlichen psychischen Störungen:

ADHSEssstörungenMultiple Persönlichkeit
BurnoutBorderlineDemenz
AlzheimerDepressionenAngststörungen
HerzneurosenHypochondrieZwangsstörungen
PhobienTourettesyndromPosttraumatische Belastungsstörungen
Narzistische PersönlichkeitsstörungPanikattackenuvm.
Häufige psychische Erkrankungen
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Doch nicht jede dieser Erkrankungen führt automatisch zu einem Pflegegrad. Ob ein Pflegegrad genehmigt wird, ist davon abhängig, wie viel Unterstützung die erkrankte Person benötigt, um ihr tägliches Leben zu bewältigen.

Psychische Erkrankungen - Wann kann ein Pflegegrad beantragt werden
Quelle: Statista. Häufigste psychische Erkrankungen in der deutschen Bevölkerung – Stand 2020

Wie wird die Pflegebedürftigkeit bei psychischen Erkrankungen definiert?

Hier finden Sie die allgemeine Definition von Pflegebedürftigkeit. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – jedoch voraussichtlich für mindestens sechs Monate – und mindestens in der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.

Liegen psychische Erkrankungen vor, fällt die Pflege meist ganz anders aus. Die betroffenen Personen benötigen oftmals keine klassischen pflegerischen Maßnahmen, wie wir das von Menschen mit körperlichen Einschränkungen kennen. D.h. der Pflegebedürftige kann sich vielleicht noch selbständig waschen, essen und trinken und ist auch noch in der Lage ohne Hilfsmittel zu gehen.

Doch was macht diesen Menschen dann pflegebedürftig?

Gemäß der Definition im Sozialgesetzbuch gelten Menschen mit psychischen Erkrankungen als pflegebedürftig, wenn sie nicht in der Lage sind, ihren Alltag eigenständig und ohne tägliche Betreuung und Begleitung zu gestalten.

Den Pflegenden fallen also die Aufgaben der Betreuung und Begleitung zu. Damit sollen die Betroffenen in der Lage sein, ein weitgehend selbständiges Alltagsleben zu führen.

Sobald die „Pflege“ so umfangreich wird, dass eine regelmäßige Hilfe im Alltag notwendig ist, kann ein Pflegegrad (und damit verbunden ein Pflegegeld) beantragt werden.

Ein Beispiel

  • Herr Fink ist 42 Jahre alt und leidet an Despressionen.
  • Seine Frau muss ihn mehrfach motivieren, morgens aufzustehen, zu duschen und zu frühstücken. Nur wenn seine Frau ihn darauf hinweist, nimmt er seine Medikamente.
  • Durch seine krankheitsbedingte Antriebslosigkeit würde er am liebsten zu Hause bleiben. Der Job ist für ihn der blanke Stress. Er kann sich auf nichts mehr konzentrieren und ist auch hier auf die Unterstützung der Kollegen angewiesen.
  • Seine Freizeit kann er nicht sinnvoll strukturieren. Anstehende Reparaturarbeiten am Haus werden so lange von einem Tag auf den anderen verschoben, bis Frau Fink einen Handwerker bestellt.
  • Das Wegräumen seiner schmutzigen Wäsche, die regelmäßige Körperpflege, kleine Erledigungen im Haushalt usw. werden nur erledigt, wenn Frau Fink ihren Mann mehrfach dazu auffordert.
  • Musik hört er keine mehr. Sogar den Kontakt zum Gesangsverein pflegt er schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Die Wochenenden würde er am liebsten im Bett oder auf dem Sofa im abgedunkelten Wohnzimmer verbringen. Wenn seine Ehefrau die sozialen Kontakte nicht pflegen und ihren Mann zu gemeinsamen Aktivitäten mitnehmen würde, hätte das Paar bald überhaupt keine sozialen Kontakte mehr.
  • Bei den Treffen mit Freunden sitzt Herr Fink teilnahmslos daneben und beteiligt sich kaum an den Gesprächen.

Nur zur Klarstellung: Herr Fink ist nicht FAUL, er ist KRANK. Herr Fink wäre ohne die Hilfe seiner Frau nicht in der Lage, seinen Alltag zu gestalten. Eine Betreuung durch seine Frau ist erforderlich und er braucht Anleitung durch sie. Der Antrag auf einen Pflegegrad kann gestellt werden.


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Psychische Erkrankungen – Wann ist es Zeit, einen Pflegegrad zu beantragen?

Hat eine Person körperliche Beeinträchtigungen, sieht man das häufig schon auf den ersten Blick. Psychische Erkrankungen hingegen sind oft nur schwer zu erkennen. Die Betroffenen haben keine sichtbaren Verletzungen, keine fehlenden Gliedmaßen oder andere offensichtlichen Merkmale.

Das Umfeld bemerkt nicht, unter welchem Leidensdruck die Betroffenen stehen. Am Anfang einer psychischen Erkrankung können die Symptome oftmals von den Angehörigen nicht richtig eingeordnet werden, da die Krankheitsanzeichen noch nicht in voller Ausprägung auftreten.

Das kann viele Ursachen haben:

  • Die Kinder haben nicht so häufig Kontakt zum alleinlebenden Vater und bemerken die Wesensveränderung nicht.
  • Der Krankheitsverlauf kam schleichend, keiner hat’s so richtig bemerkt.
  • Die Symptome sind noch nicht so ausgeprägt oder diffus.
  • Auch das Verdrängen, dass eine schwerwiegende psychische Erkrankung Ursache für das veränderte Verhalten sein könnte, ist möglich. Psychische Erkrankungen sind häufig auch mit Scham besetzt und sind deshalb ein Tabuthema.

Man wundert sich zunächst darüber, warum sich der Betroffene zurückzieht, sich plötzlich nicht mehr wie gewohnt verhält, Termine nicht wahrnimmt, nicht ans Telefon geht.

Häufige erste Anzeichen für psychische Erkrankungen sind

  • Angst
  • Antriebslosigkeit
  • Gedächtnisstörungen
  • Innere Unruhe
  • Interessenverlust
  • Konzentrationsstörungen
  • Nervosität
  • Niedergeschlagenheit
  • Schlafstörungen
  • Selbstverletzung
  • Stimmungsschwankungen
  • Stress
  • Übererregtheit
  • Undefinierbare Schmerzen
  • Wahnvorstellungen

Je weiter psychische Erkrankungen fortschreiten und je mehr sie die Gemütslage des Betroffenen beeinträchtigen, desto belastender kann die Erkrankung auch für die pflegenden Angehörigen und das familiäre Umfeld werden.

Einen Antrag auf Pflegeleistungen (Pflegegradantrag) wegen einer psychischen Erkrankung soll/kann unter anderem gestellt werden, wenn:

  • Der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, allein zu wohnen oder seinen Alltag zu meistern.
  • Die Betreuung und Anleitung durch pflegende Angehörige notwendig wird.
  • Das Fortschreiten der Erkrankung konkrete Auswirkungen auf die Pflege des Betroffenen hat. Dieser z.B. plötzlich das Essen verweigert, die Körperpflege stark vernachlässigt oder auch die Kommunikation untereinander nicht mehr möglich ist.

So beantragen Sie einen Pflegegrad für psychische Erkrankungen

Bei der Einstufung in einen Pflegegrad ist nicht wichtig, WELCHE KRANKHEIT Sie haben, oder WELCHE DIAGNOSE gestellt wurde. Entscheidend bei der Einstufung in einen Pflegegrad ist der Grad der Selbständigkeit und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen. Die Beantragung eines Pflegegrades bei psychischen Erkrankungen ist genau gleich wie bei jeder anderen Erkrankung.

Ablauf Pflegegrad beantragen
Regulärer Ablauf der Beantragung eines Pflegegrades

Die Herausforderung beim Pflegegradantrag für psychische Erkrankungen liegt jedoch darin, dass die Symptome und Problematiken dieser Erkrankung richtig herausgearbeitet und bei der Begutachtung dargelegt werden.

Und genau hier liegt das Problem: Wir als Angehörige wollen doch, dass es dem pflegebedürftigen Menschen gut geht. Wir sehen die Hilfe und Unterstützung die wir geben als „selbstverständlich“ an. „Das ist doch selbstverständlich, dass ich meinen Eltern helfe“, hört man dann häufig.

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ABER: Wenn Sie die zusätzlich notwendige Hilfe und Unterstützung, die Sie dem pflegebedürftigen Menschen geben, nicht berücksichtigen und bei der Begutachtung nicht angeben, wird Ihr Angehöriger NIE einen Pflegegrad erhalten. WEIL: Er kann ja alles selbst und braucht keine Unterstützung.

Hier nur ein paar Beispiele, die Ihnen zeigen sollen, wo der erhöhte pflegerische Mehraufwand liegt.

  • Menschen mit Angstzuständen brauchen mehr Zusprache. Müssen vielleicht mühsam überredet werden, ihre Angst zu überwinden und Dinge zu machen, die für sie angsteinflößend sind.
  • Menschen mit Demenz benötigen Unterstützung bei der Auswahl ihrer Bekleidung. Sie wissen nicht, ob es Sommer oder Winter ist und ziehen sich bei Eiseskälte ein Sommerkleid an.
  • Depressiven Menschen tut es gut, soziale Kontakte zu pflegen. Alleine machen sie das aber nicht. Somit müssen sie als Pflegeperson alles koordinieren und den Angehörigen begleiten.
  • Menschen mit Suizidgedanken denken ans Sterbefasten und lehnen das Essen und Trinken ab. Auch hier ist viel Betreuungsarbeit notwendig.
  • Depressiven Menschen fehlt oftmals jegliche Tagesstruktur. Das Aufstehen fällt ihnen schwer, das Planen und Einhalten des Tagesablaufs ist oft gar nicht möglich. Auch die Körperhygiene wird dann gerne vernachlässigt. Hier ist ein ständiges Kontrollieren und Auffordern durch die Pflegeperson notwendig.
  • Werden Medikamente von den Betroffenen selbst verwaltet, kann es sein, dass die Medikamente in einer falschen Dosis oder gar nicht eingenommen werden. Auch hier muss ständig kontrolliert werden.
  • Wenn die Patienten (aus unterschiedlichen Gründen) die Pflege verweigern, ist mit einem viel höheren Zeitaufwand zu rechnen.
  • Auch Autisten können – je nach Schweregrad der Erkrankung – einen Pflegegrad erhalten. Das trifft zu, wenn autistische Kinder und Erwachsene ihr tägliches Leben in Schule, Beruf oder Familie nicht meistern können und dafür Unterstützung benötigen.

Die Liste könnte hier noch viel umfangreicher fortgeführt werden, was jedoch den Rahmen dieser Seite sprengen würde. Hier geht es jedoch darum zu erkennen, um wieviel höher der Zeitaufwand und die Unterstützung bei psychisch erkrankten Menschen ist.

Eine erste unverbindliche Einschätzung, ob bei Ihrem Angehörigen eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, können Sie mit unserem kostenlosen Pflegegradrechner berechnen lassen.



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Pflegegrad wegen psychischer UND physischer Erkrankungen

Bedingt durch die Tatsache, dass sowohl wegen psychischer als auch physischer Erkrankungen ein Pflegegrad beantragt werden kann, wird vielleicht der einen oder anderen Erkrankung nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt.

Ein Beispiel:

Frau Kaufmann, 79 Jahre alt, gesund und immer noch sportlich aktiv, stürzte schwer. Im Krankenhaus stellte sich heraus, dass sie einen Oberschenkelhalsbruch hat und auch die Hüfte schwer in Mitleidenschaft gezogen ist. Es musste operiert werden. Leider war der Heilungsverlauf nicht wie erwünscht, es musste auch noch 2 x nachoperiert werden. Frau Kaufmann war nach den Operationen die meiste Zeit auf den Rollstuhl angewiesen. Ihr wurde ein Pflegegrad zugesprochen.

Frau Kaufmann, die immer aktiv war und auch sehr viele soziale Kontakte hatte, kann mit der neuen Situation nicht umgehen. Sie hadert mit sich und der Umwelt, trifft sich nur noch selten mit ihren Bekannten und Freunden. Sie wird zusehends depressiver, die Körperhygiene vernachlässigt sie. Zu allem muss sie mehrfach aufgefordert werden. Vieles was sie selbst erledigen könnte, müssen die Angehörigen machen.

Was ist jetzt zu tun? Die körperliche Situation hat sich seit der Erteilung des Pflegegrades nicht geändert. Wohl aber die psychische Situation. Aufgrund der Depressionen benötigt Frau Kaufmann viel mehr Unterstützung von den Angehörigen, als mit dem erteilten Pflegegrad abgedeckt wird.

Jetzt ist es wichtig zu prüfen, ob eine Höherstufung des Pflegegrades beantragt werden kann.

Diese 8 Fehler sollten Sie bei der Begutachtung vermeiden

Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit erfolgt nach einem festgelegten Begutachtungssystem, das in 6 Module untergliedert ist. Für psychisch kranke Menschen (ohne körperliche Beeinträchtigungen) kommen häufig die Module 3 bis 6 in Frage.

Es ist wichtig, dass der Betroffene, den für seine Erkrankung richtigen Pflegegrad erhält. Denn je höher der Pflegegrad, umso höher die Pflegeleistungen, die Ihnen zustehen. Die Höhe des Pflegegrades wird bei der MDK-Begutachtung entschieden. Wenn hier Fehler begangen werden, kann es dazu führen, dass der Pflegegrad zu niedrig eingestuft wird oder womöglich komplett abgelehnt wird. So vermeiden Sie Fehler bei der MDK-Begutachtung.

Liegen psychische Erkrankungen vor, sollten diese Tipps noch berücksichtigt werden:

  1. Führen Sie einige Zeit vor der Begutachtung täglich ein Pflegetagebuch. Schreiben Sie auf, wo Sie Unterstützung leisten. Mit einem Pflegetagebuch können Sie für sich herausarbeiten, welchen zusätzlichen Mehraufwand Sie bei der Pflege haben, z.B. weil der Pflegebedürftige die Pflege verweigert. Das sind dann später gute Argumentationsgrundlagen bei der MDK-Begutachtung.
  2. Bei der Begutachtung durch den MDK sollte immer ein Angehöriger anwesend sein. Das hat mehrere Gründe: Der Betroffene sollte Rede und Antwort stehen können, was ihm aber vielleicht auf Grund seiner psychischen Erkrankung gar nicht so leicht möglich ist. Gedächtnisstörungen, Nervosität, Konzentrationsstörungen, Stress usw. können dafür sorgen, dass der Betroffene gar nicht in der Lage ist, die Tragweite der Situation zu erfassen und korrekte Antworten zu geben.
  3. Außerdem wissen die Angehörigen am besten, welche Unterstützung der Betroffene braucht. Diese Angaben sind wichtig für den Gutachter, um sich einen umfassenden Eindruck von der Pflegesituation zu verschaffen.
  4. Absolute Ehrlichkeit ist wichtig. Betroffene schämen sich häufig, wenn sie zugeben sollen, dass sie an einer psychischen Erkrankung leiden. Für ältere Menschen ist das heute immer noch ein Tabuthema. Deshalb muss der pflegebedürftige Mensch gut auf die MDK-Begutachtung vorbereitet sein. Nehmen Sie ihm die Angst, über seine Erkrankung zu sprechen.
  5. Sind Sie als Angehöriger darauf vorbereitet, dass sich der Betroffene gar nicht bewusst ist, wieviel Hilfe er benötigt und deshalb sagt, dass er noch alles selbst machen kann. Oder aber auch, dass aus Scham die Situation durch den Erkrankten falsch dargestellt wird. Hier sollten Sie als Angehöriger unbedingt eingreifen und die Situation richtig darstellen, denn sonst macht sich der Gutachter ein komplett falsches Bild von der Pflegesituation.
  6. Ist die Person wegen der psychischen Erkrankung bereits in Behandlung, bitte unbedingt bei der Begutachtung alle medizinischen Unterlagen wie Diagnosen, Befunde, Bescheinigungen, Atteste und eine Liste der verordneten Medikamente vorlegen. Wurde bereits eine psychiatrische Reha in Anspruch genommen, sollten Sie den Entlassbericht mit vorlegen. Damit sieht der Gutachter, dass es sich hier um ernsthafte Probleme und eine behandlungsbedürftige Erkrankung handelt. Denn: Jeder Mensch hat mal eine depressive Phase oder auch Ängste. Beim Pflegegradantrag geht es aber um die Abgrenzung, was „normal“ ist und was krankhaft und behandlungsbedürftig ist. Im Klartext: Für eine „normale“ Angst oder schlechte Laune gibt es keinen Pflegegrad, für eine ernsthafte Erkrankung schon.
  7. Empfehlenswert ist es, wenn eine Fachperson bei der Begutachtung mit anwesend ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein Mitarbeiter des Pflegedienstes fachlich viel bessere Auskünfte geben kann, als die Betroffenen und ihre Angehörigen.
  8. Machen Sie sich im Vorfeld Gedanken darüber, welche Hilfsmittel Sie benötigen. Der Gutachter kann das dann gleich mit ins Gutachten aufnehmen. Das erleichtert die Genehmigung des Hilfsmittels durch die Pflegekasse.

Umzug mit Pflegegrad

Pflegegrad selbst beantragen oder Hilfe in Anspruch nehmen

Den „Antrag auf Pflegeleistungen“ können sie in der Regel selbst stellen. Da passiert noch nicht viel. Allerdings können ab der Begutachtung schnell Fehler passieren. Das haben Sie sicherlich schon beim Durchlesen der vorherigen Abschnitte bemerkt. Ab jetzt sollten Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, wenn Sie sich mit der Begutachtung durch den MDK nicht auskennen. Das hat folgende Gründe:

  • Ist der pflegebedürftige Mensch allein bei der Begutachtung oder nur mit den Angehörigen, fällt die Einstufung in den Pflegegrad häufig niedriger aus. Sind ausgebildete Pflegefachkräfte bei der Begutachtung anwesend, können diese bessere fachliche Argumente zum tatsächlichen Gesundheitszustand des Betroffenen geben.
  • Mit dem Bescheid der Krankenkasse, ob der Pflegegrad anerkannt oder abgelehnt wurde, erhalten Sie ein Pflegegutachten. Dieses ist zu prüfen, ob alle gesundheitlichen Einschränkungen im Gutachten aufgenommen wurden. Wenn nicht, ist auch hier unter Umständen eine falsche Pflegegradeinstufung erfolgt.
  • Oftmals fehlen nur 1 oder 2 Punkte für einen höheren Pflegegrad. Hier muss geprüft werden, ob nicht doch der höhere Pflegegrad gerechtfertigt gewesen wäre.
  • Ist der Pflegegrad falsch, sollte Widerspruch eingelegt werden. Es ist erwiesen, dass selbst formulierte Widersprüche seltener zum Erfolg führen, wohingegen professionelle Widersprüche wesentlich erfolgversprechender sind.
  • Wenn Sie für den Widerspruch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, wird ein verantwortungsbewusster Pflegegutachter immer eine kostenlose Ersteinschätzung abgeben, ob ein Widerspruch zum Erfolg führen wird.

Warum der richtige Pflegegrad so wichtig ist, möchte ich Ihnen hier noch mit Zahlen belegen. In der untenstehenden Tabelle haben wir Ihnen die Pflegeleistungen der Pflegekasse für die Pflegegrad 1 – 3 zusammengestellt. Daraus ist ersichtlich, dass Sie mit Pflegegrad 2 jährlich 17.496 Euro an Pflegeleistungen erhalten, im Gegensatz zu Pflegegrad 1 nur noch 2.220 Euro. Ich denke, für diesen Betrag lohnt es sich zu kämpfen.

Eine Ausführliche Auflistung der Beträge finden Sie in meinem Beitrag zum Pflegesachverständigen.

LeistungenPG 1PG 2PG 3
Gesamtanspruch Geld- und Sachleistungen im Monat185 €1.458 €2.296 €
Gesamtanspruch Geld- und Sachleistungen im Jahr2.220 €17.496 €27.552 €


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Fazit: Begutachtung und richtige Einschätzung der Pflegebedürftigkeit

Für einen Laien ist es nicht einfach herauszufinden, welche Einschränkungen für die Einstufung in einen Pflegegrad wichtig sind und welche nicht. Dazu ein sehr einfaches Beispiel:

Herr Koch wohnt aufgrund einer Demenz bei seiner Tochter. Seine Wohnung wurde bereits vor vielen Monaten verkauft. Er glaubt jedoch, er würde noch in seiner eigenen Wohnung leben und will bei jeder Gelegenheit zu sich nach Hause. (Weglauf-/Hinlauftendenz). Seine Tochter hat alle Hände voll zu tun, den Vater zu beschwichtigen, ihn am Weglaufen zu hindern und sinnvoll zu beschäftigen, damit er sein Vorhaben (das Zurückgehen in seine eigene Wohnung) vergisst.

Die Tochter von Herrn Koch betreut ihren Vater gerne und sieht das auch als selbstverständlich an. Doch wird hier der enorme pflegerische Mehraufwand bei der Begutachtung nicht angegeben, wird der Betreuungsaufwand von Herrn Koch komplett falsch eingeschätzt. Das bedeutet dann, dass Herr Koch entweder gar keinen oder einen zu niedrigen Pflegegrad erhält. Das wäre schade.

Wir können Ihnen nur raten, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Pflegegradantrag bei Depressionen

Depressionen – und oftmals damit einhergehend auch Angsterkrankungen – gehören mit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Da Depressionen auch gerade bei pflegebedürftigen Menschen oft anzutreffen sind, möchten wir hier näher auf die Thematik Pflegeantrag bei Depressionen eingehen.

Depressionen können bei älteren und pflegebedürftigen Menschen ganz spezielle Ursachen haben:

  • Menschen werden depressiv, wenn sie sich ihrer Pflegebedürftigkeit und damit ihrer Abhängigkeit von anderen Personen bewusst werden. Stellen Sie sich halbseitig gelähmte Schlaganfallpatienten vor, die sehr viel auf Hilfe angewiesen sind. Oder Demenzpatienten im Anfangsstadium, die genau wissen, wohin ihre Krankheit sie führen wird. Patienten mit COPD (einer chronischen Lungenerkrankung) haben Angst, zu ersticken. So kommen zu den eigentlichen Krankheitssymptomen auch noch eine Depression und Angststörungen hinzu.
  • Sie wohnen alleine, vereinsamen, haben keine Ansprache und pflegen auch keine sozialen Kontakte mehr. Im täglichen Leben gibt es dann nur noch wenige „Stimmungsaufheller“ – also Vorkommnisse, die den Betroffenen Freude machen und aus der Lethargie herausreißen.
  • Der Verlust des Partners hinterlässt meist eine große Lücke im Leben von älteren Menschen. Oft fehlt die Kraft, die Lücke wieder sinnvoll auszufüllen und sich auf ein neues Leben einzustellen. Die Betroffenen verlieren jeglichen Lebensmut. Manche Betroffene entscheiden sich in ihrer Trauer sogar fürs Sterbefasten.
  • Ältere Menschen haben oft multimorbide Erkrankungen. Da geht es nicht mehr um „es zwickt hier – und es zwackt dort“, sondern darum, dass diese Menschen durch ihre vielen Erkrankungen deutliche Einschränkungen ihrer Lebensqualität erleiden und zum Teil starke Schmerzen haben.
  • Nicht vergessen werden darf, dass auch Medikamente eine Depression auslösen können. Je älter wir werden, desto mehr Krankheiten haben wir in der Regel. Je mehr Krankheiten, umso mehr Medikamente sind nötig. Bei einer auftretenden Depression lohnt es sich also durchaus, einmal einen Blick auf den Medikamentenplan zu werfen und zu prüfen, ob vielleicht ein Medikament dabei ist, das eine Depression auslöst. Mein Tipp: Apotheker prüfen auf Wunsch auch die Medikamente auf Neben- und Wechselwirkungen.

Worauf Familienmitglieder achten sollten: Wenn Ihnen auffällt, dass Ihr unterstützungsbedürftiger Angehöriger sich verändert, seinen Haushalt nicht mehr führen kann, ständig Anleitung benötigt, sein Leben nicht mehr eigenständig und nur noch mit fremder Unterstützung führen kann, dann ist womöglich eine Depression dafür verantwortlich. Dann sollten Sie prüfen, ob ein Pflegegrad beantragt werden kann.

Ob ein Pflegegrad genehmigt wird, ist abhängig vom Schweregrad der Depression. Hierbei wird unterschieden zwischen:

  • Leichte depressive Episode
  • Mittelschwere Depression
  • Schwere Depression

Die Abklärung und Einstufung der Depression nimmt der Arzt vor.

Warum wurde der Antrag auf Pflegegrad bei psychischer Erkrankung abgelehnt?

Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der von einer psychischen Erkrankung betroffenen Personen. Liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vor, sollte ein Pflegegrad beantragt werden. Doch häufig wird der erste Antrag auf Pflegeleistungen von der Pflegekasse abgelehnt. Das hat unterschiedliche Gründe, wie z.B:


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  • Beeinträchtigung nicht schwer genug: Wenn die Einschränkungen durch die Erkrankung sehr gering oder nahezu nicht vorhanden sind, gibt es in der Regel keinen Pflegegrad, da nur sehr wenig Unterstützung erforderlich ist.
  • Nicht richtig auf die MDK-Begutachtung vorbereitet: Bei der MDK-Begutachtung kann vieles falsch laufen. Deshalb müssen Pflegebedürftige und die Angehörigen auf die MDK-Begutachtung richtig vorbereitet sein. Hier lesen Sie, wie Sie Fehler bei der MDK-Begutachtung vermeiden.
  • Pflegebedürftigkeit falsch dargestellt: Bei psychischen Erkrankungen haben die Betroffenen gute und schlechte Tage. Tage, an denen sie fast gar nichts selbst erledigt bekommen und Tage, an denen es irgendwie dann doch geht. Um nun am Tag der Begutachtung nicht als Messie, hilfloser oder gar fauler Mensch dazustehen, werden alle Kräfte mobilisiert. Es wird die nötige Kraft und Konzentration gesammelt und versucht, alle Faktoren so deutlich wie möglich dem Gutachter zu erklären. Womöglich lässt man die Wohnung noch ordentlich herrichten, räumt alles auf, stellt sich im besten Licht dar. Nun kommt der Gutachter und sieht eine ordentliche Wohnung und einen Menschen vor sich sitzen, der den Anschein hat, dass er sein tägliches Leben im Griff hat und seine sozialen Kontakte pflegen kann. In so einer Situation ist die Ablehnung des Pflegegrades vorprogrammiert. Das bedeutet auf keinen Fall, dass die Wohnung unordentlich sein soll und dass sich der Betroffene schlechter darstellen soll als sein Gesundheitszustand tatsächlich ist. Es bedeutet, dass die Begutachtung sowohl für den Pflegegrad-Antragsteller als auch den Gutachter zur Herausforderung werden kann.
  • Fehleinschätzung des Begutachters: Ein anderer Grund ist, dass psychische Erkrankungen für den Begutachter sehr schwierig einzuschätzen sind. Banal gesagt, wenn jemandem ein Bein fehlt, sieht man das. Wenn jemand Ängste hat oder sich selbst nicht motivieren kann, ist das oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Für den Gutachter ist es nun schwer zu erkennen ob tatsächlich eine Beeinträchtigung vorliegt und in welchem Ausmaß, oder ob das Gegenüber versucht sich Leistungen zu erschleichen, die nicht gerechtfertigt sind. Hier ist der Begutachter gefordert und muss versuchen so gut es geht die Situation einzuschätzen.
  • Fehlende Unterlagen: Es wurden wichtige medizinische Krankenunterlagen nicht vorgelegt.
  • Die Gesamtproblematik der Erkrankung wurde nicht in vollem Umfang dargestellt. Vielleicht wollte sich der Betroffene einfach keine Blöße geben und zeigen, dass alles noch funktioniert.
  • Es wurde keine professionelle Hilfe in Anspruch genommen.
  • Uvm.

Widerspruch einlegen: Ihre Chance, wenn der Pflegegrad abgelehnt wurde

Wurde Ihr Antrag auf Pflegeleistungen abgelehnt, haben Sie die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Das macht in vielen Fällen Sinn, denn eine hohe Zahl an Ablehnungen sind nicht berechtigt. Hier erfahren Sie mehr, wie Sie einen Widerspruch bei Ablehnung des Pflegegrads einlegen. Beim Widerspruch sollten zusätzlich noch beachten:

  • Sie haben die Möglichkeit, innerhalb der im Ablehnungsschreiben angegebenen Frist einen Widerspruch einzulegen. Es reicht, wenn Sie fristgerecht schreiben, dass Sie Widerspruch einlegen, danach können Sie die Begründung nachreichen. Falls Sie mit dem Ablehnungsschreiben das Gutachten des MDKs nicht erhalten haben, sollten Sie dieses unbedingt gleich mit anfordern.
  • Die Begründung muss dann aber sitzen. Hier müssen die Defizite des Betroffenen – und wie sich diese auf das tägliche Leben auswirken – klar herausgearbeitet werden. Sie müssen die Problematiken benennen, die auch als Kernpunkte des Begutachtungssystems anerkannt werden. Das ist keine leichte Aufgabe und für einen Laien oft schwer durchführbar. Nehmen Sie spätestens jetzt professionelle Hilfe in Anspruch, um den Ihnen zustehenden Pflegegrad zu erhalten.

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(Montag - Freitag 09:00 - 18:00 Uhr)

Wo können Angehörige von psychisch Kranken Hilfe erhalten?

Da psychische Erkrankungen auch die Angehörigen stark belasten können, ist es wichtig, dass auch sie Hilfe in Anspruch nehmen.

  • Pflegeschulung: Pflegende Angehörige haben Anspruch auf kostenlose Pflegeschulungen, speziell auch auf Schulungen zum Thema psychische Erkrankungen. Diese Schulungen können individuell auf Ihre persönliche Pflegesituation angepasst und bei Ihnen zu Hause durchgeführt werden. Von den individuellen Pflegeschulungen profitieren die Angehörigen mehr als von reinen Standardschulungen.
  • Pflegedienst: Wenn die Pflege des Angehörigen schwierig wird, kann ein Pflegedienst hilfreich sein. Die Pflegekräfte des ambulanten Pflegedienstes können dem Betroffenen mit der nötigen Distanz begegnen, damit dieser die Pflege zulässt. Gleichzeitig können sie den Angehörigen auf die persönliche Situation angepasste Hilfestellungen und Tipps geben. Ab Pflegegrad 2 werden die Leistungen des Pflegedienstes über die Pflegesachleistungen direkt mit der Pflegekasse abgerechnet.
  • Selbsthilfegruppen: Auch für Angehörige von psychisch kranken Menschen gibt es Selbsthilfegruppen, die mit Rat und Tat zur Seite stehen können.

Psychische Erkrankungen und Schwerbehinderung

Menschen die psychische Erkrankungen haben, können nicht nur einen Pflegegrad beantragen, sondern auch – wenn die Voraussetzungen gegeben sind, einen Schwerbehindertenausweis. Denn auch bei der Einstufung in einen Grad der Behinderung (GdB) werden nicht nur körperliche Behinderungen berücksichtigt, sondern auch psychische Erkrankungen.

So können z.B. Menschen mit einem schweren BurnOut, Depressionen, Neurosen, Zwangsstörungen, Suchtkrankheiten wie z.B. Alkohol- oder Drogensucht, uvm. durchaus einen Schwerbehindertenausweis erhalten.

Meine Lese-Empfehlung:

Wichtige Tipps

  • Der Antrag auf Schwerbehinderung und der Antrag auf Pflegegrad haben nichts miteinander zu tun. Sie können sowohl einen Pflegegrad beantragen, also auch einen Schwerbehindertenausweis, oder auch nur eines von beiden.
  • Wurde Ihnen der Pflegegrad abgelehnt, heißt das nicht zwangsläufig, dass Ihnen gleichzeitig auch der Schwerbehindertenausweis abgelehnt wird.
  • Sollten Sie noch andere physischen oder psychischen Einschränkungen haben, müssen Sie auch diese unbedingt beim Antrag auf Schwerbehinderung mit angeben. Somit können Sie evtl. einen höheren Grad der Behinderung erreichen. Das ist dann wichtig, wenn es um einen Schwerbehindertenausweis geht, den es erst ab einem GdB 50 gibt.
  • Wie sich der GdB zusammensetzt, welche Nachteilsausgleiche Sie haben usw., lesen Sie bitte in meinem Beitrag zur Feststellung einer Behinderung.
  • Je nach Höhe des Grades der Behinderung genießen Sie auch Sonderregelungen im Arbeitsleben, wie z.B. gesonderter Kündigungsschutz, andere Arbeitszeitenregelungen usw.

FAQ – Häufige Fragen zu psychische Erkrankungen

Was sind psychische Erkrankungen?

Es gibt physischer (körperliche) Erkrankungen und psychische (seelische) Erkrankungen. Wer psychisch gesund ist, fühlt sich wohl, ist belastbar, kann sein Lebensbelastungen bewältigen und pflegt soziale Kontakte.

Menschen mit einer psychischen Erkrankung hingegen haben Veränderungen in ihren Gedanken, sie fühlen sich nicht mehr wohl in der Gesellschaft, mit ihrer Arbeit und ihrer Umgebung. Das Denken, Fühlen, Handeln und auch die Wahrnehmung ist verändert. Diese Veränderungen führen zu psychischen Krankheiten wie Depressionen, Angstzustände, Selbstverletzung uvm.

Psychische Krankheiten

– kann man nicht sehen,
– bleiben häufig unentdeckt,
– sind medizinisch nicht wirklich messbar und
– wirken sich auf alle Lebensbereiche aus.

Welche psychischen Erkrankungen gibt es?

Nachfolgend listen wir Ihnen die häufigsten psychischen Erkrankungen mit jeweils den wichtigsten Symptomen auf. Bitte beachten Sie, dass es nicht für jede psychische Erkrankung einen Pflegegrad gib. Außerdem ist der Pflegegrad immer abhängig von der Schwere der Erkrankung bzw. wie hilfsbedürftig die betroffene Person ist.

– Depression: anhaltende Traurigkeit, Interessensverlust, Energiemangel, Schlafstörungen, Gedanken an den Tod.
– Angststörungen: übermäßige Sorge, Panikattacken, soziale Ängste, Phobien, Zwangsstörungen.
– Schizophrenie: Halluzinationen, Wahnvorstellungen, gestörtes Denken und Verhalten, sozialer Rückzug.
– Bipolare Störung: extreme Stimmungsschwankungen zwischen Manie (übermäßigem Euphoriegefühl) und Depression.
– Essstörungen: Anorexie (extremes Untergewicht), Bulimie (Ess-Brech-Sucht), Binge-Eating (unkontrolliertes Essverhalten).
– Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): wiederkehrende Erinnerungen, Albträume, Vermeidungsverhalten nach traumatischen Ereignissen.
– Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS): Unaufmerksamkeit, Impulsivität, Hyperaktivität, Konzentrationsprobleme.
– Borderline-Persönlichkeitsstörung: instabile Stimmung, impulsives Verhalten, Probleme bei Beziehungen, Selbstverletzung.
– Zwangsstörung: wiederholte zwanghafte Gedanken und Handlungen zur Angstreduktion.
– Panikstörung: plötzliche und wiederkehrende Panikattacken, begleitet von körperlichen Symptomen.
– Soziale Angststörung: überwältigende Angst in sozialen Situationen, Angst vor Bewertung und Ablehnung.
– Persönlichkeitsstörungen: langfristige Muster von Denken, Fühlen und Verhalten, die zu Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen führen.
– Suchterkrankungen: Abhängigkeit von Substanzen wie Alkohol, Drogen oder Glücksspiel.
– Demenz: fortschreitender Verlust kognitiver Fähigkeiten wie Gedächtnis, Denken und Urteilsvermögen.
Autismus-Spektrum-Störung: Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion, Kommunikation und repetitive Verhaltensmuster.
– Generalisierte Angststörung: anhaltende und übermäßige Sorge und Angst vor verschiedenen Situationen oder Ereignissen.
– Anpassungsstörung: Schwierigkeiten, sich an neue Lebensumstände anzupassen und angemessen damit umzugehen.
– Dissoziative Störungen: Verlust des normalen Zusammenhangs von Gedanken, Erinnerungen, Identität oder Wahrnehmung.
– Somatoforme Störungen: körperliche Symptome ohne klare medizinische Ursache, die auf psychische Belastungen zurückzuführen sind.
– Schlafstörungen: Probleme beim Ein- oder Durchschlafen, unruhiger Schlaf oder übermäßige Tagesmüdigkeit.
– Paranoide Persönlichkeitsstörung: ausgeprägte Misstrauens- und Argwohn gegenüber anderen Menschen.
– Histrionische Persönlichkeitsstörung: übertriebene Emotionen, Aufmerksamkeitssuche und das Bedürfnis, im Mittelpunkt zu stehen.
– Narzisstische Persönlichkeitsstörung: übermäßiges Selbstbewusstsein, Bedürfnis nach Bewunderung und Mangel an Empathie für andere.
– Schizoaffektive Störung: Symptome sowohl einer Schizophrenie als auch einer affektiven Störung (z. B. Depression oder Manie) in episodischer Form.
– Pyromanie: ein unkontrollierter Drang, Brände zu legen, um Spannung oder Befriedigung zu erleben.

Statistik zu psychischen Erkrankungen?

– Psychische Störungen sind die zweithäufigste Krankheit für Arbeitsunfähigkeit und der häufigste Grund für eine Frühverrentung
– Ca. 800.000 Menschen sind jährlich in stationärer Behandlung
– Frauen ab 65 leiden doppelt so häufig an einer Depression als Männer
– Frauen sind deutlich häufiger von psychischen Krankheiten betroffen als Männer

Psychische Erkrankungen während der Corona-Pandemie?

Seit der Corona-Pandemie steigen die Zahlen für psychische Krankheiten sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen rapide an. Auch hier ist der Anstieg bei erwachsenen Frauen wieder deutlich höher als bei Männern.
Gründe für den Anstieg sind unter anderem:
Hatten Frauen vor Corona schon die Doppelbelastung mit Haushalt und Beruf, kamen jetzt auch noch dazu, Homeschooling, Homeoffice, Kinderbetreuung usw. unter einen Hut zu bringen.
Während der Ausgangssperren saßen alle zuhause, es gab quasi keine Entzerrung der häuslichen Situation. Kinder konnten nicht zu ihren Freunden, Schulunterricht und Hausaufgaben wurden zuhause gemacht, Schulessen viel weg dafür musste zuhause gekocht werden.
Auch die Kinder sind durch die Pandemie stark angegriffen. Besuche bei Freunden, im Freizeitverein, auf dem Spielplatz oder von kulturellen Veranstaltungen waren nicht möglich. Dafür war den Kindern langweilig und sie vermissten tatsächlich den Präsenzunterricht in der Schule.

Sind psychische Störungen vererbbar?

Stand heute geht man davon aus, dass psychische Krankheiten vererbt werden können. Es muss jedoch nicht sein, dass die Krankheit trotz Veranlagung durchbricht.

Wer behandelt psychische Erkrankungen?

Meist ist immer der Hausarzt mit einbezogen. Wichtig sind aber die Fachärzte wie Psychiater, Psychologen, Neurologen, Psychotherapeuten. Außerdem ist es möglich, entweder vollstationär oder teilstationär in einer Fachklinik behandelt zu werden.

Wie werden psychische Störungen behandelt?

Welche Behandlung am sinnvollsten ist, entscheidet der Arzt. Folgende Behandlungsmöglichkeiten können in Frage kommen:
– Medikamentöse Behandlung
– Psychotherapie
– Psychoanalyse
– Verhaltenstherapie
– Hypnose

Sind psychische Krankheiten heilbar?

Viele psychische Erkrankungen sind heilbar. Aber auch wenn die Krankheit nicht ganz geheilt werden kann, so können doch meist die Symptome gut behandelt und deutlich gelindert werden.
Es ist wichtig, fachärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen, denn die Selbstmordquote bei Menschen mit psychischen Erkrankungen ist hoch.

Quelle Bildmaterial:#Canva-Member © for free von seventyFour Getty Images


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Fachautorin

Sandra Läpple

5 Antworten auf „Psychische Erkrankungen: So beantragen Sie einen Pflegegrad“

Bei Psychischen Problemen ist die Begutachtung schwieriger. Ich gehe aktuell nicht davon aus, dass das Kriterium die Medikamente sind (ja das wird zwar in den Modulen berücksichtigt, hat aber nicht nur was mit psychischen Krankheiten zu tun). Vielmehr geht es darum, dass eine ärztliche Bestätigung für eine Psychische Erkrankung vorliegt, also ein Arztbericht oder Attest etc. Die Gutachter müssen sich bei der Begutachtung auf etwas stützen können. Da man psychische Erkrankungen oftmals nicht sieht ist es wichtig, dass ein Arzt eine Diagnose gestellt hat. Ob daraus dann eine medikamentöse Behandlung erfolgt oder nicht, spielt meiner Meinung nach eine kleiner Rolle.

Guten Tag,
werden psychische Probleme (Anpassungsstörung bei unheilbarer Tumorerkrankung, starke Schlafstörungen) bei der Einstufung des Pflegegrads nur berücksichtigt, wenn diese mit Medikamenten behandelt werden? Dies hat mir der medizinische Dienst so gesagt.
Danke für eine Antwort

Meine Mutter (83 Jahre) ist schon seit über 15 Jahren Manisch-Depressiv und seitdem in Behandlung. Solange mein Vater noch gelebt hat, hat er sich um sie gekümmert. Leider ist er vor zwei Jahren plötzlich verstorben. Die Pflege übernehmen nun meine Schwester und ich. Körperlich ist meine Mutter noch fit, allerdings, vielleicht auch bedingt durch die Medikamente, oft antriebslos. Wir kochen, putzen für sie und helfen ihr auch bei der Körperpflege, da sie selbst sich nicht dazu aufraffen kann. Auch unternehmen wir Spaziergänge mit ihr, nehmen sie so oft es geht mit in unsere Familien und spielen viel mit ihr damit sie geistig nicht vereinsamt, da sie alleine nicht das Haus verlässt. Ein Pflegegrat wurde auf Grund der guten körperlichen Verfassung nicht bewilligt. Auch nach Wiederspruch und letztendlicher Sozialklage hat sich noch kein Pflegegrad ergeben. Die Gutachterin vom Gericht hat zur Frage, warum der psychische Zustand meiner Mutter nicht als Pflegepunkt gilt, kam nur die Antwort: “Ihre Mutter nimmt Medikamente, wenn diese falsch dosiert sind muss sich ihr Psychologe um eine richtige Einstellung kümmern, dann braucht ihre Mutter auch keine Pflege.”

Leider haben wir keine Adressen oder Listen mit Psychologen und können Ihnen bei Ihrem Anliegen nicht weiterhelfen. Sprechen Sie aber mal mit Ihrer Krankenkasse. Ob diese Ihnen eventuell bei der Suche helfen können oder ob Sie eine Kostenübernahme bekommen für Privat-Psychologen. Sollten Sie für Ihre Frau keinen Platz bekommen, besteht manchmal die Möglichkeit, dass die gesetzliche Krankenkasse eine Kostenübernahme für Privat-Ärzte ausstellt.

Meine Frau Ina ist hochgradig depressiv, ist in verschiedenen Kliniken leider nicht adäquad behandelt worden. Das mit der Depression verbundene Krankheitsbild hat sich
seit einem halben Jahr eher verschimmert. Ich suche einen Psychologen oder Psychotherapeuten der Einzelgespräche anbietet, die evtl. Hilfe bringen.

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