Was wir von Menschen mit Demenz lernen können

Demenz führt zur Vergesslichkeit
Demente Menschen vergessen oft wichtige Dinge, die erledigt werden sollten

Sie kennen vielleicht den Spruch: „Du hast die Uhr, ich habe die Zeit“? Das ist Programm bei Menschen mit Demenz: Sie haben alle Zeit der Welt, denn sie sind gar nicht mehr in der Zeit orientiert. Was können wir also von Demenzkranken lernen?

Fachbeitrag von Markus Proske: Markus Proske ist seit 16 Jahren als Demenzberater und Humortherapeut tätig. In dieser Kolumne berichtet er über seine Erfahrungen mit Demenzerkrankten und erzählt, was man von Menschen mit Demenz alles lernen kann.

Während wir uns auf unsere Uhren konzentrieren und uns von ihnen bestimmen lassen, bleiben die Demenz-Betroffenen davon unbeeindruckt, das interessiert sie gar nicht mehr. Sie leben die Zeit, Zeit ist für sie ein Zustand. Davon könnten wir uns so manches Mal etwas abschauen und entspannter durch den Tag gehen.

Der nächste Punkt ist die Ehrlichkeit. Unseren Kindern versuchen wir es beizubringen, Menschen mit Demenz sind es: nämlich  absolut ehrlich. Sie lügen nicht, denn sie können gar nicht lügen. Lügen wäre ein kognitiver Akt und dieser Akt ist ihnen aufgrund der Krankheit nicht mehr möglich. Sie sind daher sehr direkt. Sie sagen einem immer ungeschönt, wie es ihnen geht, und sie schleudern einem auch ohne Hemmungen ins Gesicht: „Hau ab! Mit dir will ich nichts zu tun haben.“

Menschen mit Demenz leben im Augenblick. Auch das können wir von ihnen lernen und uns einmal fragen, ob unsere Prägungen, unsere Moralvorstellungen, unsere Konventionen – das tut man, das tut man nicht – wirklich alle wichtig sind. Haben die noch Bestand? Reflektieren wir eigentlich manchmal, was wir tun? Menschen mit Demenz ist es völlig egal, welche Moral und Konvention herrscht, sie leben im Hier und Jetzt. Sie achten auf ihren eigenen Zustand und darauf, ob ihnen wohl ist. Alles weitere – wie Moral: das darfst du nicht, das sollst du nicht – interessiert sie einfach nicht.

Überhaupt ist sehr auffällig, dass sie sich viel mehr auf ihr Bauchgefühl verlassen. Wir Gesunde hinterfragen immer: „Macht das einen Sinn? Wo sind die Vor- und Nachteile?“ und versuchen, alles verstandesmäßig abzuwägen. Menschen mit Demenz fühlen. Sie achten auf ihren Bauch. Das wäre etwas, was so mancher von uns mitnehmen könnte, um daraus zu lernen.


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Überhaupt – das Bauchgefühl: Wir Gesunde geben Informationen etwa zu 90 % nonverbal weiter und zu 10 % verbal. Das heißt, wir Gesunde verlassen uns im höchsten Maße auf das, was wir sehen, und nur ganz wenig auf das, was wir hören. Und jetzt stellen Sie sich vor, was passiert, wenn Menschen mit Demenz ihre kognitiven Fähigkeiten verlieren und diese 10 % auch noch langsam verschwinden und sie nur noch nonverbal kommunizieren können … Menschen mit Demenz sind sehr feinfühlig und achten sehr stark auf nonverbale Signale – sicher nicht bewusst, aber unbewusst. Sie achten darauf, was sie spüren. Und jetzt fragen Sie sich selbst:

  • Was transportieren Sie, wenn Sie mit einem an Demenz Betroffenen umgehen?
  • Transportieren Sie unterdrückte Hektik?
  • Transportieren Sie Ärger?
  • Transportieren Sie Wohlwollen und Respekt?

Demenzerkrankte spüren das. Möglicherweise es ist Ihnen im Umgang mit Betroffenen schon passiert, dass die eine oder der andere Sie besorgt gefragt hat: „Was ist los mit dir? Hast du Sorgen?“ Sie sind sehr feinfühlig, was das angeht. Das hat mit diesem starken Bauchgefühl zu tun. Und ein wenig mehr auf den eigenen Bauch statt nur auf den Kopf zu hören, ist etwas, was man für sein eigenes Leben ruhig einmal in Betracht ziehen kann.

Das sind nur ein paar Dinge, die mir in meiner Praxis immer wieder begegnet sind. Ihnen fallen bestimmt viele weitere Beispiele ein, man muss nur offen sein und darauf hören, was die Demenzerkrankten uns zu sagen haben.

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Quelle Bildmaterial: Fotolia #101386026 © highwaystarz

Fachautor

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