Otto Beier
Otto Beier, Gründer von Pflege-durch-Angehörige, gibt praktische Tipps und Einblicke in den Pflegedschungel.
Aktualisiert am 05.03.2025
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Das Wichtigste in Kürze

  • Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) sind Eingriffe wie Bettgitter, Gurte oder sedierende Medikamente, die die Bewegungsfreiheit von Pflegebedürftigen einschränken.

  • Diese Maßnahmen dürfen nur in Ausnahmefällen angewendet werden, wenn akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt.

  • Eine richterliche Genehmigung ist in den meisten Fällen notwendig, um die Rechte der Betroffenen zu schützen.

  • Alternativen wie spezielle Betreuung oder technische Hilfsmittel sollten immer zuerst geprüft werden.

     

So gehen Sie vor

  • Situation bewerten: Prüfen Sie, ob tatsächlich eine Gefahr für die Person oder andere besteht und ob Alternativen ausreichend sind.

  • Alternativen nutzen: Testen Sie andere Maßnahmen wie Bewegungssensoren, Sturzmatten oder eine engmaschigere Betreuung.

  • Ärztlichen Rat einholen: Lassen Sie sich von einem Arzt beraten, ob eine FEM wirklich notwendig ist und welche Risiken bestehen.

  • Gerichtliche Genehmigung beantragen: Falls eine FEM unvermeidlich ist, stellen Sie gemeinsam mit dem Arzt einen Antrag beim zuständigen Betreuungsgericht.

  • Maßnahme dokumentieren: Halten Sie alle Schritte, Entscheidungen und die Dauer der Anwendung genau fest, um Transparenz zu gewährleisten und rechtliche Vorgaben zu erfüllen.

Wer entscheidet über freiheitsentziehende Maßnahmen?

Mal ehrlich: Würde es Ihnen gefallen, wenn Sie im Krankenhaus oder einem Pflegeheim liegen und plötzlich werden die seitlichen Bettgitter an Ihrem Pflegebett angebracht? Man sperrt Sie quasi ein? Vermutlich nicht. Zumal derartige Aktionen nur mit einem richterlichen Beschluss durchgeführt werden dürfen.

Was aber geschieht zum Beispiel mit dementen Menschen, die wider besseres Wissens unbeaufsichtigt versuchen ihr Bett zu verlassen und dadurch schwer verunglücken?

Menschen mit Demenz neigen häufig zu nächtlicher Unruhe und Bettflucht. Wenn dann noch die Gehfähigkeit stark eingeschränkt ist, droht diesen Personen eine große Gefahr, wenn sie alleine das Bett verlassen. Knochenbrüche und andere schwere Verletzungen sind bei diesen Patienten vorprogrammiert, wenn sie alleine und unbeaufsichtigt das Bett verlassen. Mit einer Sensortrittmatte oder einem Bettkantenalarm kann der Bettflucht vorgebeugt werden.

Pflegeheime oder betreuende Personen in der häuslichen Pflege müssen deshalb gut überlegen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen.

Ist es nun eine Vorsichtsmaßnahme und Hilfe, wenn bei diesen Personen zum eigenen Schutz das Bettgitter angebracht wird, um Stürze und daraus resultierende schwere Verletzungen zu vermeiden? Oder ist es eine Freiheitseinschränkung für den Patienten und deshalb sollten auf keinen Fall die Bettgitter angebracht werden? Frei nach dem Motto: Jeder hat das Recht aus dem Bett zu fallen.

Grundsätzlich ist die ethische Beantwortung dieser Fragen sehr schwierig. Da früher freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in Krankenhäusern und Pflegeheimen sehr schnell angewendet wurden, mußte der Gesetzgeber hier einen Riegel vorschieben. Aber jeder Vorteil hat eben auch einen Nachteil.

Deshalb sollte jeder Angehörige der vor diesem Problem steht, sich gut überlegen, ob er für den Patienten Verletzungen in Kauf nimmt oder ob entsprechende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, die ganz unterschiedlichster Art sein können.

Prinzipiell ist es jedoch so, dass bei Personen, die zu Hause von den Angehörigen gepflegt werden, die Bettgitter hochgezogen werden dürfen, um den Patienten zu schützen. Empfehlenswert sind aber auch hier Niederflurbetten, die bis ganz auf den Boden abgesenkt werden können. Damit wird die Gefahr, dass sich der Pflegebedürftige beim Verlassen des Betts verletzt, stark minimiert.

In diesem Beitrag gehe ich zuerst auf die freiheitsentziehenden Maßnahmen und deren rechtlichen Grundlagen ein. Danach stelle ich noch einige überlegenswerte Alternativen vor, durch die freiheitsentziehende Maßnahmen oftmals vermieden werden können.

Denn freiheitsentziehende Maßnahmen sollten immer erst in Betracht gezogen werden, wenn es überhaupt keine anderen Lösungen mehr gibt.

Termin für verpflichtenden Beratungseinsatz vereinbaren

Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM)?

Zu den freiheitsentziehenden Maßnahmen gehören unter anderem:

  • Das Anbringen von Bettgittern / Bettseitenstützen
  • Das Fixieren des Patienten mit Fixiergurten
  • Die Unterbringung in abgeschlossenen Zimmern oder in Zimmern, an deren Türen Trickschlösser angebracht sind
  • Der Einsatz von Zwangsjacken
  • Die Unterbringung in geschlossenen Stationen
  • Das Wegnehmen von Rollatoren, Rollstühlen oder anderen Gehhilfen

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Wie ist die Gesetzeslage?

Der Gesetzgeber hat beschlossen, dass freiheitsentziehende Maßnahmen bei einem Patienten nur mit richterlichem Beschluss zugelassen werden und dem Wohl des Patienten entsprechen müssen.

Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen und nur zur Abwendung akuter Gefahren, wo für einen kurzen Zeitraum freiheitsentziehende Maßnahmen ohne richterlichen Beschluss angewendet werden dürfen. Zum Beispiel sind während der Aufwachzeit nach einer Operation entsprechende Maßnahmen erlaubt.

Die optimale Lösung wäre natürlich, wenn ein einwilligungsfähiger Patient zu seinem eigenen Schutz selbst den freiheitsentziehenden Maßnahmen zustimmt. Dann bedarf es keines richterlichen Beschlusses.

Unterschied zwischen freiheitseinschränkenden und freiheitsentziehenden Maßnahmen

Der Unterschied zwischen freiheitseinschränkenden Maßnahmen und freiheitsentziehenden Maßnahmen liegt in der Schwere des Eingriffs. Freiheitseinschränkende Maßnahmen wären zum Beispiel die Unterbringungen in einer geschlossenen Abteilung. Eine freiheitsentziehende Maßnahme wäre die Fixierung des Patienten mit Fixiergurten.

Wo wird der Antrag auf freiheitsentziehende Maßnahmen gestellt?

Der richterliche Beschluss auf freiheitsentziehende Maßnahmen muss beim zuständigen Betreuungsgericht gestellt werden.

Reicht eine Vorsorgevollmacht oder braucht es einen richterlichen Beschluss

Nein. Weder eine Vorsorgevollmacht noch eine Generalvollmacht reicht aus, um freiheitsentziehende Maßnahmen für seinen Angehörigen anordnen zu können. Es muss ein richterlicher Beschluss vorliegen.

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Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen

Es gibt sehr unterschiedliche Maßnahmen, um ungewollten Stürzen und daraus resultierenden schweren Verletzungen vorzubeugen.

Einsatz von Schutz bietenden Produkten wie zum Beispiel

Anpassung der häuslichen Umgebung

  • Beseitigen von Stolperfallen
  • Viel Freifläche zum Gehen
  • Stabile Haltemöglichkeiten im gesamten Wohnbereich
  • Anbringen von Nachtlampen
  • Entfernen von lose herumliegenden Kabeln
  • Verwenden von rutschfesten Matten oder Teppichen
  • Tragen von geeignetem Schuhwerk oder im Haus von Antirutsch-Socken
  • Wenn Treppen unüberwindbar sind, dann Installation eines Treppenlifts

Therapeutische Maßnahmen

  • Gymnastik zur Mobilisierung und Stabilisierung
  • Gleichgewichtsübungen
  • Krafttraining
  • Beschäftigungstherapien
  • Optimale Medikation
  • Durch Ablenkung, Spaziergänge und Beschäftigung das Unruheverhalten reduzieren
  • Entspannungsmusik für Senioren
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Tipp!

Wenn Sie die Wohnung/das Haus oder auch das Bad zu einer begehbaren Dusche umbauen müssen, erhalten Sie Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen. In diesen Beiträgen schreibe ich darüber, welche Maßnahmen unterstützt werden und welche Anträge Sie benötigen.

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Häufige Fragen zum Thema freiheitsentziehende Maßnahmen

Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in der Pflege?
Wann dürfen freiheitsentziehende Maßnahmen angewendet werden?
Wer entscheidet über die Anordnung von freiheitsentziehenden Maßnahmen?
Kann ich freiheitsentziehende Maßnahmen über eine Vorsorgevollmacht regeln?
Was sind die rechtlichen Grundlagen für freiheitsentziehende Maßnahmen?
Welche Alternativen gibt es zu freiheitsentziehenden Maßnahmen?
Wie kann man rechtlich sicherstellen, dass freiheitsentziehende Maßnahmen nur im Notfall angewendet werden?
Welche Folgen hat die missbräuchliche Anwendung von freiheitsentziehenden Maßnahmen?
Warum ist die Unterscheidung zwischen freiheitsentziehenden und freiheitseinschränkenden Maßnahmen wichtig?
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0 Kommentare zu „Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege ✔️ Voraussetzungen, Alternativen und rechtliche Vorgaben“

  1. dieser Artikel ist leider nicht sehr hilfreich da ungenau und arg lückenhaft. hier fehlt zB der teil wann eine formal FEM juristisch überhaupt als FEM zählt. da fallen die punkte freier Wille des betroffenen & Wirkungsgrad der Einschränkung rein. wenn der Bewohner zB ausdrücklich die Nutzung von Bettgittern wünscht ist es jur. keine FEM. auch wenn zB der Bewohner soweit kontrakt oder schlaff gelähmt ist, dass er sich nicht mehr selbstständig fortbewegen kann ist die Nutzung von Bettgittern, Gurten etc juristisch keine FEM. // was ich zZ suche ist genauere Aufklärung in wiefern man diese beiden Aspekte absichern muss. Also braucht man ne beglaubigte schriftliche Erklärung des Bewohners um den Willen rechtskräftig zumachen? und wenn es nen gesetzlichen Betreuer gibt in wiefern hat der Mitsprache / Veto Recht? Und sind derlei Erklärungen befristet? dass man kA alle halbe Jahre neu erfragen müsste? – und wie ist das im Fall der “nicht Einschränkung” muss das erst ein Arzt bestätigen?

    1. Ich kann einen Beitrag immer nur mit einem gewissen Schwerpunkt schreiben. Wenn ich so tief in die Materie eingehe, wie Sie es vorschlagen, dann bekommt dieser Beitrag den Textumfang eines Buches.

  2. Das ist tatsächlich eine schwierige Frage. Einen Sturz aus einem Bett sollte man aber sehr Ernst nehmen. Wie ist dann die Rechtslage, wenn sich jemand schwer verlertzt, obwohl ein Bettgitter geholfen hätte?

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0 Kommentare zu „Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege ✔️ Voraussetzungen, Alternativen und rechtliche Vorgaben“

  1. dieser Artikel ist leider nicht sehr hilfreich da ungenau und arg lückenhaft. hier fehlt zB der teil wann eine formal FEM juristisch überhaupt als FEM zählt. da fallen die punkte freier Wille des betroffenen & Wirkungsgrad der Einschränkung rein. wenn der Bewohner zB ausdrücklich die Nutzung von Bettgittern wünscht ist es jur. keine FEM. auch wenn zB der Bewohner soweit kontrakt oder schlaff gelähmt ist, dass er sich nicht mehr selbstständig fortbewegen kann ist die Nutzung von Bettgittern, Gurten etc juristisch keine FEM. // was ich zZ suche ist genauere Aufklärung in wiefern man diese beiden Aspekte absichern muss. Also braucht man ne beglaubigte schriftliche Erklärung des Bewohners um den Willen rechtskräftig zumachen? und wenn es nen gesetzlichen Betreuer gibt in wiefern hat der Mitsprache / Veto Recht? Und sind derlei Erklärungen befristet? dass man kA alle halbe Jahre neu erfragen müsste? – und wie ist das im Fall der “nicht Einschränkung” muss das erst ein Arzt bestätigen?

    1. Ich kann einen Beitrag immer nur mit einem gewissen Schwerpunkt schreiben. Wenn ich so tief in die Materie eingehe, wie Sie es vorschlagen, dann bekommt dieser Beitrag den Textumfang eines Buches.

  2. Das ist tatsächlich eine schwierige Frage. Einen Sturz aus einem Bett sollte man aber sehr Ernst nehmen. Wie ist dann die Rechtslage, wenn sich jemand schwer verlertzt, obwohl ein Bettgitter geholfen hätte?

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